Die wichtigsten
Autoren
meiner Theaterarbeit
Pallas Athena,
unsere Schutzgöttin
Zueignung
Ihr naht euch wieder,
schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch’ ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl’ ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
Ihr drängt euch zu! Nun gut, so mögt ihr walten,
Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert
Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.
Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,
Und manche liebe Schatten steigen auf;
Gleich einer alten, halbverklungnen Sage
Kommt erste Lieb’ und Freundschaft mit herauf;
Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
Des Lebens labyrinthisch irren Lauf
Und nennt die Guten,die,um schöne Stunden
Vom Glück getäuscht, vor mir hinweg geschwunden.
Sie hören nicht die folgenden Gesänge,
Die Seelen, denen ich die ersten sang;
Zerstoben ist das freundliche Gedränge,
Verklungen, ach! Der erste Widerklang.
Mein Lied ertönt der unbekannten Menge,
Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang,
Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.
[J.W.von Goethe – FAUST EINS - Zueignung]
Still und ruhig auferzogen
Wirft man uns auf einmal in die Welt,
Uns umspülen hundertausend Wogen,
Alles reizt uns, mancherlei gefällt.
Mancherlei verdrießt uns und von
Stund zu Stunden
Schwankt das leicht unruhige Gefühl,
Wir empfinden, und was wir empfunden
Spült hinweg das bunte Weltgefühl.
[J.W.v.Goethe]
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Meine Autoren
Theater – und Filmarbeiten
mit mir als Schauspieler,
Regieassistent, Regisseur und Autor,
im Verlaufe von vielen Jahren
Gerhard Hauptmann
DIE RATTEN
Akteur:Bruno Mechelke
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Dachgeschoss eines Mietshauses, eine ehemalige Kavalleriekaserne. Auf diesem zweistöckigen Hausboden befindet sich der Theaterfundus des ehemaligen Straßburger Theaterdirektors Harro Hassenreuter, der zur Zeit ohne Anstellung ist und sich und seine Familie mit Kostümverleih und Schauspielunterricht zu ernähren versucht. Die Örtlichkeit wird von Gerhard Hauptmann sehr genau beschrieben Es ist ein Sonntag Nachmittag im Mai. Hier treibt sich der 19-jährige Bruno Mechelke herum, er soll Mausefallen aufstellen. Er ist Frau Johns Bruder, ein primitiver, etwas zurückgebliebener Mensch und ihr Sorgenkind. Für die Mieterin Piperkarcka ist Brunos brutale Erscheinung furchteinflößend.
IV.Akt
Bruno Mechelke braucht Geld um sich abzusetzen.Er machte sich im Auftrag seiner Schwester an die Piperkarcka heran und versuchte sie einzuschüchtern, damit sie seine Schwester, die Frau John, in Ruhe lässt. Dabei ist es nach Brunos Schilderung zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung gekommen, und zwar in der Nacht zwischen 3 und 4 Uhr. Mechelke schildert das in einem gespenstisch-poetischen Monolog. Er ermordete Frau Piperkarcka in der Berliner Wuhlheide. Der Außenseiter Bruno wollte sich für seine Schwester „nützlich machen“. So rechtfertigt er sich. Jetzt will er Geld um über die Grenze zu flüchten. Er geht mit dem Geld ab, Frau John bricht zusammen.
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Bertolt Brecht
Mutter Courage
und ihre Kinder
1. Akteur
2. Regie/Filmregie
Der Brotladen
Akteur
BRECHTABEND 1&2 [1962 / 1964]
Über die grossen Städte
Regie / Akteur
[Amateurarbeiten]
Die Dreigroschenoper
1.Akteur/Moritat
2.Akteur/Trauerweidenwalter
Her Puntila und sein Knecht Matti
Akteur
Brechtabend AN DIE NACHGEBORENEN
Regie/Filmregie
Brechtabend DAS KLEINE MAHAGONNY
Regie
Tage mit Bertolt Brecht
in INGUSCHETIEN [2012]
Szenarium / Regie / Ausstellung
BRECHT IN INGUSCHETIEN 2012/2013
Szenen aus
FURCHT UND ELEND DES III.REICHES
Fassung/Regie
DER AUFHALTSAME AUFSTIEG DES ARTURO UI
Fassung/Regie
2015 / 2016
EINUNDZWANZIG KOFFER
Ein "BRECHT - PROJEKT"
in Moskau
Dezember 2016 bis Juni 2018
Forschungen im Berliner Brechtarchiv
April 2018
AUS DER WELT BERTOLT BRECHTS
Gedichte, Lieder Texte
in Berlin - Moabit
September 2018 - Ende Oktober 2018
Bertolt Brecht "An die Nchgeborenen"
Eine Ausstellung mit Postern, Fotos,
Programmheften u.a. in der Bibliothek
der Staatlichen Universität in Magas
Inguschetien.
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Das Lied der „Mutter Courage“
Ihr Hauptleut, laßt die Trommel ruhen
Und laßt eur Fußvolk halten an
Mutter Courage, die kommt mit Schuhen
In denen's besser laufen kann.
Mit seinen Läusen und Getieren
Bagage, Kanone und Gespann
Soll es euch in die Schlacht marschieren
So will es gute Schuhe han.
Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ!
Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn.
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.
Ihr Hauptleut, eure Leut marschieren
Euch ohne Wurscht nicht in den Tod.
Laßt die Courage sie erst kurieren
Mit Wein von Leibs- und Geistesnot.
Kanonen auf die leeren Mägen
Ihr Hauptleut, das ist nicht gesund.
Doch sind sie satt, habt meinen Segen
Und führt sie in den Höllenschlund.
Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ!
Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn.
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.
Und geht er über deine Kräfte
Bist du beim Sieg halt nicht dabei.
Der Krieg ist nichts als die Geschäfte
Und statt mit Käse ist's mit Blei.
So mancher wollt so manches haben
Was es für manchen gar nicht gab:
Er wollt sich schlau ein Schlupfloch graben
Und grub sich nur ein frühes Grab.
Schon manchen sah ich sich abjagen
In Eil nach einer Ruhestatt
Liegt er dann drin, mag er sich fragen
Warum's ihm so geeilet hat
Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ!
Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn.
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.
Von Ulm nach Metz, von Metz nach Mähren!
Mutter Courage ist dabei!
Der Krieg wird seinen Mann ernähren
Er braucht nur Pulver zu und Blei.
Von Blei allein kann er nicht leben
Von Pulver nicht, er braucht auch Leut!
Müßt's euch zum Regiment begeben
Sonst steht er um! So kommt noch heut !
Das Frühjahr kommt. Wach auf, du Christ!
Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn!
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.
Mit seinem Glück, seiner Gefahre
Der Krieg, er zieht sich etwas hin.
Der Krieg, er dauert hundert Jahre
Der g'meine Mann hat kein' Gewinn.
Ein Dreck sein Fraß, sein Rock ein Plunder!
Sein' halben Sold stielht's Regiment.
Jedoch vielleicht geschehn noch Wunder:
Der Feldzug ist noch nicht zu End !
Das Frühjahr kommt. Wach auf,du Christ!
Der Schnee schmilzt weg. Die Toten ruhn.
Und was noch nicht gestorben ist
Das macht sich auf die Socken nun.
Musik: Paul Dessau
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Resolution der Communarden
1. In Erwägung unserer Schwäche machtet
ihr Gesetze, die uns knechten
soll'n die Gesetze seien künftig nicht beachtet
in Erwägung daß wir nicht mehr Knecht sein woll'n.
Refrain:
In Erwägung, daß ihr uns dann eben
mit Gewehren und Kanonen droht
haben wir beschlossen,
nunmehr schlechtes Leben
mehr zu fürchten als den Tod.
2. In Erwägung, daß wir hungrig bleiben
wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
wollen wir mal feststell'n,
daß nur Fensterscheiben
uns vom Brote trennen, das uns fehlt.
Refrain ...
3. In Erwägung, daß da Häuser stehen
während ihr uns ohne Bleibe laßt
haben wir beschlossen, jetzt dort
einzuziehen weil es uns in uns'ren
Löchern nicht mehr paßt.
Refrain ...
4. In Erwägung, es gibt zuviel Kohlen
während es uns ohne Kohlen friert
haben wir beschlossen, sie uns jetzt zu
holen in Erwägung, daß es uns dann
warm sein wird.
Refrain ...
5. In Erwägung, es will euch nicht glücken
uns zu schaffen einen guten Lohn
übernehmen wir jetzt selber die Fabriken
in Erwägung, ohne euch reicht's
für uns schon.
Refrain ...
6. In Erwägung, daß wir der Regierung
was sie immer auch verspricht,
nicht trau'n/ haben wir beschlossen,
unter eig'ner Führung
uns ein gutes Leben aufzubau'n .
In Erwägung, ihr hört auf Kanonen
and're Sprachen könnt ihr nicht versteh'n
müssen wir dann eben, ja das wird sich
lohnen die Kanonen auf euch dreh'n.
Musik: Hanns Eisler
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An die Nachgeborenen
Ihr, die ihr auftauchen werdet
aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen
sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe
die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen,
verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine
Empörung.
Dabei wissen wir doch:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten
für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.
Ihr aber, wenn es so weit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen
ein Helfer ist,
Gedenkt unserer mit Nachsicht.
W. Bill - Belozerkowski
STURM
Akteur / Matrose
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Ernst Busch sang:
Linker Marsch
Text: Wladimir Majakowski;
Musik: Hanns Eisler
in der Inszenierung "STURM" von
Bill - Belozerkowski
Entrollt euren Marsch, Burschen von Bord!
Schluß mit dem Zank und Gezauder.
Still da, ihr Redner!
Du hast das Wort,
rede, Genosse Mauser!
Brecht das Gesetz aus Adams Zeiten.
Gaul Geschichte, du hinkst ...
Woll'n den Schinder zu Schanden reiten.
Links!
Links!
Links!
Blaujacken, he!
Wann greift ihr an?
Fürchtet ihr Ozeanstürme?!
Wurden im Hafen euch eurem Kahn
rostig die Panzertürme?
Laßt den britischen Löwen brüllen –
zahnlosfletschende Sphinx.
Keiner zwingt die Kommune zu Willen.
Links!
Links!
Links!
Dort
hinter finsterschwerem Gebirg
liegt das Land der Sonne brach.
Quer durch die Not
und Elendsbezirk
stampft euren Schritt millionenfach!
Droht die gemietete Bande
Mit stählerner Brandung rings, -
Russland trotzt der Entente
Links!
Links!
Links!
Seeadleraug' sollte verfehlen?!
Altes sollte uns blenden?
Kräftig der Welt ran an die Kehle,
mit proletarischen Händen.
Wie ihr kühn ins Gefecht saust!
Himmel, sei flaggenbeschwingt!
He, wer schreitet dort rechts raus?
Links!
Links!
Links!
Text: Wladimir Majakowski
Deutsch: Hugo Huppert
Musik: Hanns Eisler
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Carlo Goldoni
KRACH IN CHIOZZA
Akteur/ Toffolo
Der Diener zweier Herren
Regie
Die Verliebten
Regie
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Der Diener zweier Herren
In Venedig.
Ein schmachtendes Liebespaar,
das nur zusammenkommt,
weil der erste Bewerber der Braut fern
in Turin erstochen wurde.
Die forsche Schwester des Erstochenen,
die verkleidet als eben
dieser Bruder auftritt, um ihrem Geliebten
von Turin nach Venedig zu folgen.
Sie als er und ihr verzweifelter Geliebter
teilen sich einen Diener, ohne es zu wissen,ohne
voneinander zu wissen. Herren und Diener, Verwechslung, Vertauschung, Verkleidung,
Geld und Liebe, das ganze Komödienarsenal. Der Diener dient zwei fremden Herren, die eigentlich Mann und Frau sind und zusammengehören.
Und der Tod dient allein dem Leben.
Maxim Gorki
DIE KLEINBÜRGER
1. Akteur/ Pjotr
2. Akteur/ Schischkin
Regieassistenz
DER SPITZEL
Akteur/ Der Autor Mironov
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„DER SPITZEL“
(Leben eines unnützen Menschen, erschienen 1908)
Evsej Klimkov, mit sieben Jahren Vollwaise, gerät in den Kreis der Spione unzweifelhaft deshalb, weil er einsam ist und in ständiger Angst vor den Mächtigen dieser Welt lebt. Er dient ihnen mit
Furcht und in der Hoffnung auf ein gutes Wort. Gewalt, Lüge und Verrat gehören zu den normalen Bedingungen der Welt, in der zu leben er gezwungen ist.
Die Situation des intimen Gesprächs des Helden mit einem bekannten Schriftsteller (in Mironov kann man an einigen Zügen Gorki selbst erkennen) bot dem Autor des Romans die Möglichkeit, von sich aus
ein letztes Wort in dieser Sache zu sagen, wie Gorki es ein Jahrzehnt später in den „Unzeitgemäßen Gedanken“ getan hat. Klimkov hat in diesem Gespräch
nichts anderes gesucht als die Möglichkeit, sein Leben zu erzählen, und er erzählt dieses Leben in erster Linie nicht Mironov, sondern sich selbst: „Über sich zu erzählen war angenehm, Klimkov hörte
seiner Stimme mit Erstaunen zu, er sprach wahrhaftig und sah klar, dass er an nichts schuld war. Er hatte doch sein Leben nicht so gelebt, wie er es wollte! Sie hatten ihn immer gezwungen etwas zu
tun, was ihm unangenhem war. Er tat sich aufrichtig leid, war fast bereit zu weinen und betrachtete sich selbst mit Bewunderung“. Im Prozess des Erzählens, so erklärt der Autor, befreit Klimkov
„seine kleine, schwächliche Seele von den schmutzigen und schweren Lumpen ihrer Erlebnisse“. Es gibt keine echte Reue, die Sündenvergebung erledigt der Beichtende selbst. Mironov versucht nach dem
Ende der Erzählung vergeblich, seinen Besucher zu einer kritischen Sicht auf das eigene Verhalten zu veranlassen. Auf die Frage, ob ihm die Menschen, die er verraten hat, nicht leid täten, antwortet
er, früher hätten sie ihm wirklich leid getan, aber jetzt sehe er keinen Anlass dazu: „Sie sind doch gute Menschen und haben erreicht, was sie wollten...“ Und auf die Frage, ob er nicht glaube, dass
er sich mit einer schlechten Sache beschäftige, sagt er: „Sie gefällt mir ja auch nicht, ich tue das, was man mir befiehlt...“ Der Schriftsteller befindet sich in einer Situation des Zweifels und der
Ratlosigkeit. Der Gast bittet um nichts, nicht um Rechtfertigung und auch nicht um einen Rat oder gar eine Expertise, wie der Spitzel aus den „Unzeitgemäßen Gedanken“. Eine Persönlichkeit von großer
Autorität, Kenner der menschlichen Seele und Verkünder der Freiheit und Würde des Menschen ist mit seiner Kunst am Ende. Er hat dieser in ewiger Angst lebenden „russischen Seele“ nichts zu sagen.
Klimkov erzählt sein Leben ohne taktische Winkelzüge und Ausflüchte, mit leiser Stimme; seine Aufmerksamkeit ist nicht auf den Zuhörer, sondern ausschließlich auf das eigene Innere gerichtet, er
„horcht auf die Leere in seiner Brust“. Eines der Leitmotive des Romans ist die stereotype Antwort „Ich weiß nicht“, er gibt sie auf alle Fragen, die wesentliche Probleme seines Lebens betreffen. Im
Grunde hat er schon bei Mironov mit seinem Leben abgeschlossen, obwohl bis zu seinem Selbstmord noch einige Zeit vergeht. Das Ende dieses „unnützen“ (d.h. von niemandem beachteten und gebrauchten)
Menschen auf den Geleisen der Eisenbahn, einem Symbol der schrecklichen Welt, in der er zu leben gezwungen war, spricht in verallgemeinertem Sinn davon, dass der „in Angst lebende russische Mensch“
den Geschmack der Freiheit noch lange nicht kennen lernen wird. In massenhafter Erscheinung existiert er weiter, und es erwarten ihn die Prüfungen der Revolution und des lenin-stalinschen
Sozialismus.
Moliere
Die lächerlichen Preziösen
Akteur
Die Gaunerstreiche des Scapin
Regie
Tartuffe
Akteur/ Orgon
Don Juan
Regie
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ORGON & TARTUFFE
„Sie wären sehr entzückt, wenn Sie ihn kennen würden, für alle Zeit ganz von ihm hingerissen. Das ist ein Mann...der...ach! Kurzum ein Mann. Wer auf ihn hört, der findet tiefen Frieden und hält die Welt für einen Haufen Mist.“ Die Rede ist von Tartuffe, Gast im Hause des wohlhabenden Orgon und seiner Familie. Gelobt wird er von niemand Geringerem als dem Hausherrn selbst, der großen Gefallen an dem frommen und tugendhaften Tartuffe findet. Blind und taub gegenüber den Warnungen seiner Familie, die in dem Gast schnell einen Hochstapler und Betrüger erkennen, passt sich Orgon immer mehr den vorgetäuschten Idealvorstellungen des Tartuffe von einem Leben ohne Besitz an. Orgon vermacht Tartuffe nach und nach all seine Besitztümer. Die Situation spitzt sich zu, als er ihm die Hand seiner bereits verlobten Tochter Mariane verspricht, den eigenen Sohn enterbt und dem Heuchler schließlich sogar sein Haus übereignet...
Das Drama um einen heuchlerischen
Frömmler,der sich in ein vermögendes
Haus einschleicht, ist keine Komödie,
obwohl es viel zu lachen gibt.
Es ist eins dieser Meisterwerke, die alle
fünf bis sechs Jahre ein Jugendbad
nehmen, weil es immer wieder politische
Situationen gibt, in denen Betrüger Ideale vorheucheln. Molieres Stück war
seinerzeit ein aktuelles Pamphlet gegen
die Frömmler, das prompt verboten wurde.
Wir hatten 1976 in Meiningen den Stoff radikal aktualisiert, mit dem Stalinismus abgerechnet.
Wir rührten aber nicht an der Religion,
sondern an einer "sozialistischen Ideologie",
die zum Instrument der Unterdrückung
mißbraucht wurde.
Das Haltbarkeitsdatum dieser Version
wurde in den vergangenen Jahren nicht bedroht,im Gegenteil,die politische
Situation hat sich seitdem sogar
verschlechtert. Wir wollten 1976,
nach der „Biermann-Affäre“, Mut
machen und Beispiel geben: Viele
jungen Menschen glauben, heute
könne nichts mehr verändert werden.
Aber die Genese ist noch lange nicht zu Ende.
Erwin Strittmatter
KATZGRABEN
Akteur
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3.Juni 1953
Erwin Strittmatter, ein ehemaliger Landarbeiter,
etwa 40, der nach Kriegsende als Bürgermeister
und Feuilleton-Redakteur in der Mark Brandenburg,
später als bodennaher Autor eines Romans
("Der Ochsenkutscher") und eines Novellenbandes
("Die Mauer fällt") vorankam, reichte vor mehr als
einem Jahr bei Bertolt Brecht eine Szenenfolge ein,
die mit der nun gezeigten wahrscheinlich manches
gemeinsam hatte.
Brecht nahm Strittmatter mit nach Buckow in sein Landhausund schrieb dort mit ihm das Stück um, Tag für Tag und Wort für Wort. Auch zwei Regie-Assistenten, die bei Brecht gleichzeitig Lehrlinge im Dramenbau und Reisende in seiner Bühnentheorie sind, zwei junge Männer also, die noch brechtischer als Brecht formulieren,
halfen mit, Strittmatters Text einzuschmelzen.
So entledigte sich Brecht einer Pflichtaufgabe, die ihm
die SED, der er übrigens noch immer nicht angehört, schon vor mehr als zwei Jahren gestellt hatte, nachdem seine Oper "Lucullus" wegen "Formalismus, Pazifismus und Mangel an sozialistischem Realismus" kritisiert und abgesetzt worden war. Die SED forderte, Brecht solle endlich ein Zeitstück anfertigen, endlich die sowjetdeutsche Gegenwart auch auf der Bühne besingen…
DER SPIEGEL - 3.Juni 1953
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Sophokles
DIE FRAUEN VON TRACHIS
Akteur/ Hyllos
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Hyllos war der Sohn des Helden Herakles
Über ein Jahr war Herakles fern von Trachis und seiner Frau Deianeira. Als Beute eines erfolgreichen Rachefeldzugs führt Herakles ein junges Mädchen, die Tocher des bestrafen Königs, mit sich, und bald verbreiten sich die Gerüchte, er wolle sie als Frau, nicht als Sklavin nach Hause führen. Deianeira hört davon und glaubt nun zu einem Zaubermittel greifen zu müssen, das sie einst vom Kentauren Nessos erhielt, der sie vergewaltigen wollte und dafür von Herakles mit Pfeilen niedergestreckt worden war: sein Blut sollte sie bewahren, hatte ihr der Sterbende geraten, und ein Kleidungsstück damit tränken, wenn sie ihren Mann vor sexuellen Verfehlungen bewahren und an sich binden wolle. Diesem fatalen Rat folgend präpariert und schickt sie Herakles einen geforderten Mantel zu jenem Ort, an dem er vor seiner Rückkehr erst noch Zeus ein Heiligtum weihen will.
Das Pfeilgift, das der Heros stets benutzte und das sich im Blut des Unholds gehalten hatte, beginnt zu wirken und unter Qualen lässt sich Herakles auf einem Scheiterhaufen verbrennen. Im Sterben gibt er seinem Sohn Hyllos die Gefangene Iole zur Braut.
Thema der Tragödie ist das entsetzliche Ende des Herakles nach einem Leben voller Mühen und schwerer Arbeit. Der Lohn für all diese Mühen und Schicksalsschläge ist die Unsterblichkeit. Als Einziger der Menschen – so zumindest erzählt es Homer – wird der tote Herakles aus dem Totenreich entlassen und bei den die Götter im Olymp aufgenommen. Die Göttin Hebe, die Jugend, wird seine Frau.
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Sean O‘Casey
Das Ende vom Anfang
1. Akteur/ Derry
2. Regie
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„Hau ab, und ich zeige dir und deinem ganzen Geschlecht, wie Hausarbeit erledigt wird.“ Nie hat Ehemännergroßmäuligkeit verheerendere Folgen gehabt als in diesem Fall. Denn hatte Lizzie zu Beginn des Ehekrachs es noch wohlweislich ignoriert, als Darry ihr spöttisch vorschlug, einmal die Arbeit mit ihm zu tauschen – ihr bisschen Haushalt gegen sein mühevolles Mähen der Wiese –, nimmt sie die Wette nun wütend an. Lizzie geht die Wiese mähen und Darry macht sich an die Hausarbeit. Noch könnte alles gut ausgehen, würde, ja würde Darry Berrill nicht Besuch von seinem Freund und Nachbarn Barry Derrill bekommen. Ein Mensch, wie Lizzie sagt, „so kurzsichtig, dass er den Himmel nicht sieht, wenn nicht grad der Mond scheint“. Darry und Barry machen sich an die Arbeit… Selten standen zwei Männer auf größerem Kriegsfuß mit der Welt der Dinge als diese beiden. Zwei Freunde, die durch dick und dünn gehen, die zusammen Musik machen, zusammen tanzen und zusammen untergehen. Eine Freundschaft, die mit jeder schlimmen Wendung nur noch inniger wird. Das ist der Kern von Sean O’Caseys unsterblicher Komödie, die er in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts verfasste, gepaart mit irischem Humor, der jeder Katastrophe mit einem tröstlichen „It could be worse“ begegnet.
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John Millington Synge
Der Held der westlichen Welt
Akteur
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Der Held der westlichen Welt
(The Playboy of the Western World)
Was passiert, wenn ein Fremder, der seinen Vater erschlagen hat, auf der Flucht in einem kleinen irischen Dorf am Ende der Welt landet? Er befriedigt die Sehnsucht nach Abenteuer und Skandal und wird zum Helden. Die ungewohnte und unerwartete Anerkennung lässt ihn über sich hinaus wachsen. Was aber, wenn dann auf einmal der erschlagene Vater quicklebendig auftaucht?
Synge "behandelt nicht eine irische Eigenheit, sondern eine der Menschheit
gemeinsame Schwäche, die Gewohnheit, kühne Schurken zu bewundern. - Die meisten Helden der Geschichte sind kühne Schurken."
(George Bernard Shaw, 1912)
William Shakespeare
Othello
Akteur/ Othello
Richard III.
Akteur/ Richard
Wie es euch gefällt
Akteur
Die Komödie der Irrungen
1. Akteur
2. Regieassistenz
Hamlet
Akteur/ Claudius
Macbeth
Akteur
Timon von Athen
Akteur
Ein Sommernachtstraum
Regie
Machtspiele
Regie
Shakespeare's Memory
Szenarium / Regie
2021 / 22 in Nazran
Inguschetien
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König Claudius / HAMLET / III.Akt / 3.Szene
O meine Tat ist faul, sie stinkt zum Himmel;
Sie trägt den ersten, ältesten der Flüche,
Mord eines Bruders! - Beten kann ich nicht,
Ist gleich die Neigung dringend wie der Wille:
Die stärkre Schuld besiegt den starken Vorsatz,
Und wie ein Mann, dem zwei Geschäft obliegen,
Steh ich in Zweifel, was ich erst soll tun,
Und lasse beides. Wie, wär diese Hand
Auch um und um in Bruderblut getaucht,
Gibt es nicht Regen gnug im milden Himmel,
Sie weiß wie Schnee zu waschen? Wozu dient
Die Gnad, als vor der Sünde Stirn zu treten?
Und hat Gebet nicht die zwiefache Kraft,
Dem Falle vorzubeugen und Verzeihung
Gefallnen auszuwirken? Gut, ich will
Emporschaun; mein Verbrechen ist geschehn.
Doch oh, welch eine Wendung des Gebets
Ziemt mir? Vergib mir meinen schnöden Mord?
Dies kann nicht sein; mir bleibt ja stets noch alles,
Was mich zum Mord getrieben: meine Krone,
Mein eigner Ehrgeiz, meine Königin!
Wird da verziehn, wo Missetat besteht?
In den verderbten Strömen dieser Welt
Kann die vergoldete Hand der Missetat
Das Recht wegstoßen, und ein schnöder Preis
Erkauft oft das Gesetz. Nicht so dort oben!
Da gilt kein Kunstgriff, da erscheint die Handlung
In ihrer wahren Art, und wir sind selbst
Genötigt, unsern Fehlern in die Zähne,
Ein Zeugnis abzulegen. Nun? Was bleibt?
Sehn, was die Reue kann. Was kann sie nicht?
Doch wenn man nicht bereuen kann, was kann sie?
O Jammerstand! O Busen, schwarz wie Tod!
O Seele, die, sich frei zu machen ringend,
Noch mehr verstrickt wird! - Engel, helft! Versucht!
Beugt euch, ihr starren Knie! Gestähltes Herz,
Sei weich wie Sehnen neugeborner Kinder!
Vielleicht wird alles gut.
[Claudius entfernt sich
und kniet nieder - Hamlet kommt.]
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OTHELLO
"... In Euren Briefen bitt' ich,
Wenn Ihr von diesem Unheil Kunde gebt,
Sprecht von mir, wie ich bin - verkleinert nichts, Noch setzt in Bosheit zu. Dann müßt Ihr melden, Von einem, der nicht klug, doch zu sehr liebte; Nicht leicht argwöhnte, doch einmal erregt, Unendlich raste; von einem, dessen Hand, Dem niedern Inder gleich, die Perle wegwarf,Mehr wert als all sein Volk; des überwundnes Auge, Sonst nicht gewöhnt zu schmelzen, sich ergeußt
In Tränen, wie Arabiens Bäume taun
Von heilungskräft'gem Balsam -
schreibt das alles..."
[5.Aufzug, 2.Auftritt]
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Ein Sommernachtstraum
[Puck verabschiedet das Publikum]
Wenn wir Schatten euch
beleidigt,
O, so glaubt - und wohl verteidigt
Sind wir dann! - ihr alle schier
Habet nur geschlummert hier
Und geschaut in Nachtgesichten
Eures eignen Hirnes Dichten.
Wollt ihr diesen Kindertand,
der wie leere Träume schwand,
Liebe Herrn, nicht gar verschmähn,
Sollt ihr bald was Bessres sehn.
Wenn wir bösem Schlangenzischen
Unverdienterweis' entwischen,
So verheißt auf Ehre Droll
Bald euch unsres Dankes Zoll;
Ist ein Schelm zu heißen willig,
Wenn dies nicht geschieht, wie billig.
Nun, gute Nacht, das Spiel zu enden,
Begrüßt uns mit gewognen Händen!
If we
shadows have offended,
Think but this, and all is mended,
That you have but slumbered here
While these visions did appear.
And this weak and idle theme,
No mor yielding but a dream,
Gentles, do not reprehend;
If you pardon, we will mend.
And as I am an honest Puck,
If we have unearnèd luck
Now to scape the serpent's tongue,
We will make amends ere long;
Else the Puck a liar call.
So good night unto you all.
Give me your hands, if we be friends,
And Robin shall restore amends.
Heinrich von Kleist
Der zerbrochene Krug
Akteur/ Gerichtsrat Walter
Penthesilea
Akteur
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DER ZERBROCHENE KRUG
Dorfrichter Adam muss über eine Tat zu Gericht sitzen, die er selbst begangen hat. Die Handlung besteht in der Hauptsache aus einer Gerichtsverhandlung, die vollständig und in natürlichem Zeitverlauf wiedergegeben wird. Was verhandelt wird, hat sich jedoch in der Vergangenheit abgespielt und wird erst allmählich enthüllt. Gerichtsschreiber Licht überrascht Richter Adam morgens beim Verbinden frischer Wunden. Adam erklärt, beim Aufstehen gestrauchelt und gegen den Ofen gefallen zu sein. Licht gibt sich damit einstweilen zufrieden, lässt aber durchblicken, dass er eher an ein erotisches Abenteuer seines Vorgesetzten glaube, bei dem ihm ein kräftiger Nebenbuhler in die Quere kam.
Da lässt sich Gerichtsrat Walter melden. Er ist aus Utrecht entsandt, um Gerichtskassen und Akten zu prüfen. Adam gerät in Panik, zumal seine richterliche Perücke verschwunden und kein Ersatz zur Hand ist. Obendrein ist auch noch Gerichtstag, Klägerin, Beklagter und Zeugen warten schon vor der Tür. Der Richter ahnt, weshalb sie gekommen sind, er hatte einen furchtbaren Traum. Seinem Schreiber Licht vertraut er ihn an:
Mir träumt', es hätt' ein Kläger mich ergriffen,
Und schleppte vor den Richtstuhl mich; und ich,
Ich säße gleichwohl auf dem Richtstuhl dort,
Und schält’ und hunzt’ und schlingelte mich herunter,
Und judicirt den Hals ins Eisen mir.
Als Gerichtsrat Walter eintrifft, verlangt er, der Gerichtsverhandlung beizuwohnen. Nun ist Richter Adam wie einst König Ödipus gezwungen, über eine Tat zu richten, die er selbst begangen hat. Doch im Unterschied zum antiken Helden weiß er das von vornherein; ebenso, dass die Tat eine Schandtat ist und er selbst ein Schurke. Entsprechend tut er alles, was in seiner Macht steht, um die Aufklärung des Falls, bei dem außer dem Krug auch ein Verlöbnis entzweiging, zu verhindern.
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Friedrich Schiller
Kabale und Liebe
Akteur/ Wurm
"Und in der Wahrheit
findet man das Schöne"
Szenarium / Regie
"Friedrich Schillers letzte Nacht"
Szenarium / Regie
Die Jungfrau von Orleans
Regie
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Und in der Wahrheit
findet man das Schöne
An Goethe, als er den Mahomet
von Voltaire auf die Bühne brachte
Du selbst, der uns von falschem Regelzwange
Zur Wahrheit und Natur zurückgeführt,
Der, in der Wiege schon ein Held, die Schlange
Erstickt, die unsern Genius umschnürt,
Du, den die Kunst, die göttliche, schon lange
Mit ihrer reinen Priesterbinde ziert,
Du opferst auf zertrümmerten Altären
Der Aftermuse, die wir nicht mehr ehren?...
Die Jungfrau von Orleans
Vierter Auftritt
Johanna allein.
Lebt wohl ihr Berge, ihr geliebten Triften,
Ihr traulich stillen Täler lebet wohl!
Johanna wird nun nicht mehr auf euch wandeln,
Johanna sagt euch ewig Lebewohl!
Ihr Wiesen, die ich wässerte, ihr Bäume,
Die ich gepflanzet, grünet fröhlich fort!
Lebt wohl ihr Grotten und ihr kühlen Brunnen!
Du Echo, holde Stimme dieses Tals,
Die oft mir Antwort gab auf meine Lieder,
Johanna geht, und nimmer kehrt sie wieder!
Ihr Plätze alle meiner stillen Freuden,
Euch lass ich hinter mir auf immerdar!
Zerstreuet euch ihr Lämmer auf der Heiden,
Ihr seid jetzt eine hirtenlose Schar,
Denn eine andre Herde muss ich weiden,
Dort auf dem blut’gen Felde der Gefahr.
So ist des Geistes Ruf an mich erlangen,
Mich treibt nicht eitles, irdisches Verlangen.
Denn der zu Mosen auf des Horebs Höhen
Im feur’gen Busch sich flammend niederließ,
Und ihm befahl vor Pharao zu stehen,
Der einst den frommen Knaben Isai’s,
Den Hirten, sich zum Streiter ausersehen,
Der stets den Hirten gnädig sich erwies,
Er sprach zu mir aus dieses Baumes Zweigen:
„Geh hin! Du sollst auf Erden für mich zeugen.“
„In raues Erz sollt du die Glieder schnüren,
Mit Stahl bedecken deine zarte Brust,
Nicht Männerliebe darf dein Herz berühren
Mit sünd’gen Flammen eitler Erdenlust.
Nie wird der Brautkranz deine Locke zieren,
Dir blüht kein lieblich Kind an deiner Brust;
Doch werd’ ich dich mit kriegerischen Ehren,
Vor allen Erdenfrauen dich verklären.“
„Denn wenn im Kampf die Mutigsten verzagen,
Wenn Frankreichs letztes Schicksal nun sich naht,
Dann wirst du meine Oriflamme tragen
Und, wie die rasche Schnitterin die Saat,
Den stolzen Überwinder niederschlagen;
Umwälzen wirst du seines Glückes Rad,
Errettung bringen Frankreichs Heldensöhnen,
Und Rheims befrein und deinen König krönen!“
Ein Zeichen hat der Himmel mir verheißen,
Er sendet mir den Helm, er kommt von ihm,
Mit Götterkraft berühret mich sein Eisen,
Und mich durchflammt der Mut der Cherubim,
Ins Kriegsgewühl hinein will es mich reißen,
Es treibt mich fort mit Sturmes Ungestüm,
Den Feldruf hör’ ich mächtig zu mir dringen,
Das Schlachtross steigt, und die Trompeten klingen.
[Sie geht ab.]
Gotthold Ephraim Lessing
Nathan der Weise
Akteur/ Klosterbruder
Ein Klosterbruder in Lessings „Nathan der Weise“
Der Klosterbruder Bonafides hat bis vor kurzem als Eremit in der Nähe von Jericho gelebt, bis seine Klause von »arabisch Raubgesindel« zerstört wurde. Er ist den Räubern entkommen und hat sich nach Jerusalem gerettet, wo er nun darauf wartet, dass ihm der Patriarch eine neue Einsiedelei zuweist. Bis dahin muss er dem Patriarchen dienen, der ihn »zu allerley« gebraucht, wovor der brave Mann, wie er Nathan gesteht und der Zuschauer zu beobachten Gelegenheit hat (I, 5; IV, 1), »großen Eckel« hat (IV, 7; LM III, 135). Die Weigerung des Tempelherren dem Patriarchen zu Diensten zu sein, nimmt Bruder Bonafides mit Freude zur Kenntnis (I, 5; LM III, 34).
Den Plänen des Patriarchen, jenen (ihm noch unbekannten) Juden zu verfolgen, der ein Christenkind an Kindes Statt aufgezogen hat (IV, II; LM III, 119), macht der Klosterbruder selbst einen Strich durch die Rechnung. Er sucht Nathan auf und gibt sich ihm als jener Reitknecht zu erkennen, der Recha 18 Jahre zuvor im Auftrag ihres Vaters Wolf von Filneck, Nathans Freund, in seine Obhut übergeben hat (IV, 7; LM III, 136 ff.). Er informiert ihn über die üblen Absichten des Patriarchen und versichert ihn seiner Verschwiegenheit.
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Ulrich Plenzdorf
Die neuen Leiden
des jungen W.
Akteur
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Ulrich Plenzdorf schrieb sein gesellschaftskritisches
Stück Die neuen Leiden des jungen W. in einer
Sprache der DDR-Jugend in den siebziger Jahren.
Es erzählt die Geschichte eines Jungen, der aus
seiner kleinbürgerlichen Umwelt ausbrechen will
und beim Lesen von Goethes Die Leiden des
jungen Werthers immer wieder Ähnlichkeiten
mit seinem eigenen Leben entdeckt.
In den folgenden Jahren wurde Die neuen Leiden
des jungen W. zu einem "Kult-Stück" und an vielen
Bühnen der DDR, aber auch in der Bundesrepublik
und in anderen Ländern gespielt.
Edgar wächst zu DDR-Zeiten bei seiner Mutter
als Musterschüler und „Vorzeigejugendlicher“ auf.
Nach einem Streit mit seinem Lehrmeister tut er,
was er schon lange tun wollte – er verschwindet
mit seinem Freund Willi aus der miefigen Kleinstadt
Mittenberg, und lebt von nun an im aufregenden Berlin…
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Tibor Dery
Fiktiver Report
über ein amerikanisches
Pop-Festival
Akteur
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Fiktiver Report über
ein amerikanisches Popfestival
Was war in Altamont geschehen? Am 6. Dezember 1969 spielten die „Rolling Stones“ auf der Autorennbahn von Altamont in der Nähe von Tracy. Die Stones wollten auf ihrer Tour einen Film drehen und in Altamont sollte er fertig gestellt werden. Siebzehn Filmteams standen bereit. Bereits während im Vorprogramm „Santana“ spielte, kam es zu Handgreiflichkeiten der, als Security angeheuerten, „Hells Angels“ gegenüber den Zuschauern. Martin Bell von „Jefferson Airplain“, der einen weiteren Streit zwischen den „Ordnungskräften“ und den Zuschauern schlichten wollte, wurde während des Auftritts auf der Bühne zusammen geschlagen. Das traurige Schauspiel gipfelte schließlich in der Ermordung des Afroamerikaners Meredith Hunter vor laufenden Kameras während die Stones spielten.Am Ende des Konzertes hatten die 19 Ärzte und 6 Psychiater für einen Ertrunkenen, zwei Überfahrene und den erstochenen Hunter Totenscheine ausgestellt.
Im „Fiktiven Report…“ berichteten junge Schauspieler mit den Mitteln des Theaters über diese Ereignisse. So wie die handelnden Personen fiktiv waren, ging es auch dem Autor nicht um eine originalgetreue Dokumentation der Ereignisse, vielmehr sollten die Mechanismen eines solchen Festivals offen gelegt werden. Die Originalmusik des Musicals stammte von der ungarischen Band „Locomotiv GT“ und wurde erstmals 1973 im Budapester „Vigszinhaz“ von Sandor Pos auf die Bühne gebracht. Im gleichen Jahr wurde beim ungarischen Label „Qualiton“ auch die Originalmusik veröffentlicht. LGT war die Band um Gabor Presser, die 1971 von Presser (voc, keyb) und Jozsef Laux (dr) gegründet wurde. Die Nachdichtung der Originaltexte von Anna Adamis besorgte Wolfgang Tilgner.
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Helmut Baierl
Frau Flinz
1.Akteur
2.Akteur
Er hatte die „Mutter Courage“ der DDR geschrieben. Helmut Baierl, der in Böhmen geborene langjährige Dramaturg am Berliner Ensemble (BE), wurde im Jahr 1961 mit seiner dialektischen Komödie „Frau Flinz“ bekannt. Die Flinz besaß die Courage, ihre Kinder mit List und Anpassung erst durch Krieg und Nazizeit zu bringen und auch den Aufbau des ostdeutschen Sozialismus erst mal zum Ausbau des privaten Familienglücks zu nützen. Doch am Ende wurde auch die widerspenstige Flinzin von der Partei gezähmt und zur bauernschlauen Vorsitzenden einer LPG gemacht. Die Uraufführung des DDRErfolgsstücks inszenierten Peter Palitzsch und Manfred Wekwerth drei Monate vor dem Mauerbau am BE: mit Helene Weigel in der Titelrolle.
Und die Weigel begriff die Flinz
sofort als moderne Nachfolgerin ihrer
dort gleichfalls triumphierenden „Courage“.
George Bernard Shaw
Die heilige Johanna
Akteur
Auf dem Gang zum Scheiterhaufen
ruft Johanna ihren „Richtern“ zu:
"Ihr glaubt, Leben bedeute nichts anderes,
als nicht mausetot zu sein. Brot und Wasser
fürchte ich nicht. Ich kann von Brot leben.
Wann hätte ich je mehr verlangt?
Ich bin auch bereit, Wasser zu trinken,
wenn es rein ist. Aber ausgeschlossen zu sein vom Licht des Himmels, vom Anblick der Felder und der Blumen, meine
Füße in Fesseln zu halten, so dass ich nie wieder mit Soldaten reiten oder auf die Hügel steigen kann – Ohne all das
kann ich nicht leben.
All dies wollt ihr mir jetzt wegnehmen;
und nicht nur mir: allen Menschen.
Jetzt weiß ich, dass euer Ratgeber der Teufel,
und meiner Gott ist.“
Im Epilog hat Frankreichs König Karl VII. einen Traum, in dem Johanna ihm erscheint. Sie unterhält sich fröhlich nicht nur mit Karl, sondern auch mit ihren alten Feinden, die ebenfalls in Karls Schlafzimmer Gestalt annehmen.
Die Szene endet mit Johannas Verzweiflung
darüber, dass die Menschheit nie an Heilige
glauben werde. Ihr letzter Ausruf:
„O Gott, der du diese wundervolle Erde
geschaffen hast -: wie lange soll es denn noch
dauern, bis sie bereit ist, deine Heiligen zu empfangen?
Wie lange, o Gott, wie lange?“
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Georges Feydeau
Lauf blos nicht
splitternackt herum
1. Regie:Jürgen Gosch
Regieassistenz
2.Regie
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Clarisse, die Frau des Abgeordneten Ventroux, hat, wenn es die Temperatur erlaubt, die Angewohnheit, nur mit einem Hemd bekleidet in der Wohnung herumzulaufen.
Ihr Ehemann befürchtet verderblichen Einfluss
auf Sohn und Diener.
Noch mehr stört ihn, dass
der gegenüber wohnende Clemenceau,
ebenfalls Abgeordneter, sie in diesem Aufzug
sehen könnte.
Als eines Tages der Bürgermeister
des Ortes zu Besuch kommt und Clarisse
ebenfalls nur im Negligé bekleidet öffnet,
spitzt sich die Situation allmählich zu.
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Peter Hacks
Die schöne Helena
1. Akteur/Ajax
2. Regieassistenz
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Peter Hacks über seine Figuren
Die Göttinnen Juno, Minerva. und Venus. Jede von ihnen ist sehr schön. Juno, eine schwarze, üppig
Schönheit im roten Chiton, mit goldener Krone. Minerva, blauhaarig und blau gewandet, mit Helm, Schild und Lanze. Venus, blond, sinnlich, weiß umschleiert.
Merkur, smarter Politiker und vielgereister Götterbote.
Paris ist sehr jung, wenig über zwanzig. Er ist hübsch und von vollkommener Anmut. Sein Anzug ist
der eines realen Schäfers arm, praktisch und nicht unbedingt sauber, aber es gehört zu seinem Charme, daß ihm, was er trägt, steht. Auf dem Kopf hat er natürlich einen Strohhut.
Helena ist verhältnismäßig leicht zu besetzen. Eine Frau, zarteste Jugend mit sinnlicher Reife
verbindend; äußerst intelligent, indes von durchaus weiblicher Denkart; phlegmatisch, aber sensibel; unübertrefflich schön und dabei von sehr persönlichem Charme, – mehr wird da nicht
verlangt.
Kalchas hat den Kopf eines Römers. Keiner, er selbst am wenigsten, würde bei seinem Anblick auf
den Gedanken kommen, daß das Amt eines Jupiterpriesters etwas mit Religion zu tun hat. Er ist ein militanter Reaktionär, bewußt, stolz, würdevoll, sinnenfeindlich. Was ihn allenfalls von einem
römischen Stoiker unterscheidet, ist, daß diese Eigenschaften nicht bis zum Kern seines Wesens reichen. Er braucht zur Würde noch würdige Situationen, zur Keuschheit das Fehlen von Versuchung.
Übrigens weiß der Autor nicht, ob sich das bei einem römischen Stoiker anders verhielt.
Agamemnon, der König der Könige. Er ist der große Politiker, stark vergoldet und voll Majestät.
Seine Haltungen zeugen durchweg von Stolz und Würde.
Achilles, der edle Krieger. Er ist gut und teuer bewaffnet, ein Facharbeiter des Militarismus. Er,
hat die Stupidität eines deutschen Jagdfliegers mit Ritterkreuz.
Die beiden Ajaxe. Das sind zwei Raufbolde und Schlagetote der niedrigen Art, komische Figuren wie
der Herkules der Komödie.
Menelaos, eine der tragischen Gestalten, die ihrer Zeit voraus sind. 3000 Jahre später geboren,
hätte er einen ganz guten Versicherungskassier abgegeben; er wäre dann auch gehörnt worden, aber durchaus unschuldig am Ausbruch des Weltkrieges.
http://www.ddr-hoerspiele.net/2-lp/die-schoene-helena.html
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Jewgeni Schwarz
Die verzauberten Brüder
Akteur/ Der Bär Mischka
Rotkäppchen
Regie
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Rotkäppchen
Was dieses Rotkäppchen an Fallstricken für denWolf
parat hat, das würde manchem Agentenkrimi
zur Ehre gereichen.
Rotkäppchens Team sind ein Dutzend
witziger Waldbewohner: Angsthase,
Bär, eine kinderreiche Vogelfamilie
und ein Fuchs, der hier irgendwie sein
eigenes Süppchen kocht.
Ein Fuchs in fiesester Mackie-Messer-Manier,
der selber so gerne Chef im Märchenwald wäre.
Der böse Wolf allerdings will das auch.
Der Wolf, einer der übelste Schwerverbrecher
der Märchengeschichte, hier ist er ein eitler
Großkotz mit Imponiergehabe,
der vieles ab kann, aber nicht,
wenn man ihn Wolfi nennt.
In diesem Märchenwald kommen viele
Dinge extrem glücklich zusammen: die sowieso
schon schöne Bearbeitung des russischen Dramatikers
Jewgeni Schwarz, und dann die Idee, das Rotkäppchen
zu einem rotzfrechen Nummernprogramm zu machen.
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Ludwig Tieck
Der gestiefelte Kater
Regie: Jürgen Gosch
Regieassistenz
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Prolog
Der Prolog spielt sich im Parterre des Theaters ab.
Die sich als „aufgeklärt“ bezeichnenden Zuschauer
stehen dem bevorstehenden Stück mehrheitlich
verwirrt und ablehnend gegenüber.
Das engstirnige, banausische, aber auch schlecht auf die Vorstellung vorbereitete Publikum fühlt sich dem verpflichtet,
was es für guten Geschmack hält, und beginnt deswegen,
zu buhen, um zu zeigen, dass es ein Kindermärchen
in dem ein Kater vorkommt nicht akzeptiert.
Um die Zuschauer zu beruhigen, erscheint der Dichter
auf der Bühne. Es gelingt ihm durch seine höfliche Art,
sich beim Publikum Gehör zu verschaffen und diesem
deutlich zu machen, wie verzweifelt er aufgrund der
Ablehnung, die sein Stück erfährt, ist.
Die leicht beeinflussbaren Zuschauer sind davon
gerührt und applaudieren dem Dichter.
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Tadeusz Rozewicz
Der komische Alte
Akteur/ Der Alte
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RUHM
ein gewisser journalist
von der stadtzeitung
der über mich schreibt
„berühmter breslauer dichter“
und zu mir sagt
„Herr Stanisław“
fühlt sich gekränkt
ein nettes fräulein
„auch“ journalistin
von der regionalbeilage
der hauptstadtzeitung
hat nur eine frage
stellt aber drei
auf antwort wartet sie nicht
ich erkläre freundlich
dass ich müde bin krank
dass ist alt bin
dass mein kopf leer ist
„Sie kokettieren!“
Er war ein Überlebender, der nicht mehr
leben wollte, erinnert sich Rózewicz.
Und der nur noch leben konnte, indem
er das Dichten tötete – mit der Dichtung
selbst. 1947 erscheint sein Gedichtband
„Unruhe“, der seinen Weltruhm begründete.
„Ich bin vierundzwanzig“, heißt es darin,
„unterwegs zur schlachtbank / bin ich davongekommen. // Ich suche einen
lehrer und meister / der mir wiedergeben möge / gesichtssinn gehör und sprache / der aufs neue benennt / dinge und begriffe“. Eine „nackte Poesie“ war dies; eine „Antipoesie“, die sich gegen jeglichen Sprachschmuck richtete.
Er war ein Wanderer zwischen den Welten, in Ost und West gleichermaßen beheimatet. „Für mich“, sagt Rózewicz „hat es ein geteiltes Deutschland nie gegeben.“ Doch wie mag es gewesen sein, als der Dichter, der noch wenige Jahre zuvor mit der Waffe im Anschlag für Polen kämpfte, nach dem Krieg deutschen Boden betrat?
Was ging in dem Mann vor, der im
Widerstandskampf seinen Bruder verlor;
der als Überlebender nur noch lebensmüde dichtete; und der doch bereits in den Fünfzigerjahren mehrere Male die Weichsel überquerte? Die Antwort fällt knapp aus:
„Es war interessant.“
Denn im Partisanenkampf, da lernte
man keine Menschen kennen, keine
Familien. Und statt über das Schwierige,
das Belastende des deutsch-polnischen
Verhältnisses in jener oder heutiger Zeit
zu sprechen, fällt sein Blick auf seine Beine,seine Füße, die in dicken Puschen stecken.
Rózewicz, der sich immer wieder durch
Kichern und Lachen unterbricht, streckt sie kurz in die Höhe – und erzählt eine Anekdote:
„Ich musste 1956 in Ost-Berlin mit Schuhen im Bett schlafen, mit Mantel und mit Mütze.“
Nachts steckte er unter einer riesigen Decke, frierend, mit roter Nase. Die Kulturschergen der DDR hatten ihn im einstmaligen Nobel- Hotel Adlon, Unter den Linden, untergebracht.
Es hatte bessere Zeiten gesehen,
ohne Heizung schlief der gefeierte Dichter Polens in einem Ost-Berliner Eisschrank.
Thomas Brasch
HAHNENKOPF - 1975
Akteur
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Wie viele sind wird eigenntlich noch?
Der dort an der Kreuzung stand,
war das nicht von uns einer.
Jetzt trägt er eine Brille ohne Rand.
Wir hätten ihn fast nicht erkannt.
Wie viele sind wir eigentlich noch.
War das nicht der mit der Jimi-Hendrix-Platte.
Jetzt soll er Ingenieur sein.
Jetzt trägt er einen Anzug und Krawatte.
Wir sind die Aufgeregten. Er ist der Satte.
Wer sind wir eigentlich noch.
Wollen wir gehen.Was wollen wir finden.
Welchen Namen hat dieses Loch,
in dem wir, einer nach dem andern,verschwinden.
Das Aufbegehren gegen die „Sozialistische
Tragödie der Dummheit“, als die er die
Niederwerfung des Prager Frühlings
apostrophiert hatte, hatte dem jungen
Brasch in der DDR eine einjährige
Haftstrafe eingetragen. Nach seinem
öffentlichen Protest gegen die Ausbür-
gerung des „sich für einen Kommunisten haltenden, singenden Arschlochs“
Wolf Biermann war sein literarischer
Kredit im paranoiden SED-Staat auf-
gebraucht und er vollzog „die
Übersiedlung vom Braunkohlen-
deutschland ins Steinkohlendeutschland“:
„Ein politischer Fall erst und dort ein
klinischer Fall/ jetzt und hier.“
Der als Anarchist und Rebell Gefeierte,
dem die Erfolge auf allen künstlerischen
Bühnen nur so zuflogen, war ab Mitte der
achtziger Jahre ein Verlassener, der in
heilloser Traurigkeit seine Einsamkeit und
sein literarisches Eremitendasein besang.
Hatte Brasch auf dem Höhepunkt seines
Ruhmes in allen Kunstgattungen brilliert
und als Lyriker und Übersetzer, Dramatiker
und Filmemacher die Kritik begeistert,
so zog er sich seit Mitte der achtziger Jahre
immer mehr auf die Arbeit an einem Roman
über den Erfinder und Mädchenmörder
Karl Brunke zurück.
Weil ich das Eigene verloren habe
kann ich nichts mehr schreiben.
Jeder meiner Gedanken ist mir ganz fremd und unnütz. Deshalb lasse ich
ihn
gleich versinken, wenn er auftaucht.
Zu viel geredet.
Zu selten geschwiegen.
Und immer der Gedanke an Sterben.
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August Strindberg
FRÄULEIN JULIE
Regie
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Das Stück handelt von der jungen reichen Julie und ihrem DienerJean und ihrem Verhalten und Verhältnis zueinander während einer Mitsommernacht und am darauf-
folgenden Morgen.
Es spielt im Jahre 1894 in der Küche
des Herrensitzes von Julies Vater
in einer kleinen Stadt in Schweden und
behandelt Klassenunterschiede, den
Geschlechterkampf sowie Liebe und Lust.
Julie versucht, ihrem durch gesellschaft-liche Normen
geprägten Dasein zu entfliehen und etwas Spaß zu
haben, indem sie auf dem jährlichen
Mittsommerfest mit der Dienerschaft
tanzt. Dort fühlt sie sich zu dem älteren Diener
Jean hingezogen, der in der Welt herumgekommen
ist und sowohl gut erzogen als auch gebildet ist.
Jeans Verlobte, die Köchin namens Kristin, hält
sich auch des Öfteren in der Küche auf und schläft
dort, während sich Julie und Jean unterhalten.
Die Handlung thematisiert die unterschiedlichen
Machtpositionen. Während Fräulein Julie über
Jean steht, da sie der Oberklasse
angehört und eine Dame ist, übt
Jean durch seine Bildung und
seine Männlichkeit Macht über
Julie aus.
Julies Vater, der Graf, übt kraft seiner
Rolle als Vater, Adliger und Arbeitgeber
sowohl über Julie als auch über Jean
Macht aus, obwohl er nie in
Erscheinung tritt.
Während der Nacht entwickelt sich das
anfängliche Flirten zwischen Julie und
Jean zu einer vollendeten Liebesbeziehung.
Im Laufe der Handlung kämpfen
beide darum, die Situation unter Kontrolle
zu bringen und ihr gegenseitiges Verlangen
zu ignorieren. Zum Schluss überzeugt
Jean jedoch Julie, dass die einzige Möglichkeit,
aus ihrer misslichen Lage zu entkommen,
ihren Selbstmord erfordert.
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Arnold Wesker
Das Hochzeitsfest
Regie:Hartwig Albiro
Regieassistenz
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Arnold Weskers Stück „DAS HOCHZEITSFEST“
entstand im „Kitchen Sink Realism (Spülbecken
Realismus)", einer englischen kulturellen Bewegung
in den späten 1950ern und frühen 1960ern.
Die Richtung entstand sowohl im Theater, als auch
in der bildenden Kunst, in Filmen und im Fernsehen.
Der Ausdruck "kitchen sink" entstand aus einem expressionistischen Gemälde von John Bratby,
es zeigt die Abbildung eines Spülbeckens.
Der Kritiker David Sylvester schrieb 1954 einen
Artikel über neue Trends der englischen Kunst.
Er nannte "The Kitchen Sink", in Bezug auf Bratbys
Gemälde. Sylvester behauptete, es gebe unter den
jungen Künstlern ein gestiegenes Interesse an
"häuslichen Szenen", wobei das Hauptaugenmerk
auf der Einfachheit des Lebens liege. Bratby malte
mehrere Küchenobjekte wie Siebe und Löffel, jedoch
nicht ohne diese in halb-abstrakten Formen darzustellen.
Außerdem malte er Bäder und schuf drei Gemälde von Toiletten.
Weitere "Kitchen sink"-Künstler waren
z. B. Derrick Greaves, Edward Middleditch und Jack Smith.
Sie bildeten gemeinsam die "Kitchen
sink school". Die Bezeichnung wurde
auch schnell auf eine neue Dramenart angewandt.
Kitchen sink war eine realistische Repräsentation
sozialen Lebens.
Häuser auf dem Land und Blumenwiesen waren out,
eiserne Regale und andere häusliche Einrichtungen
waren in; so wie in John Osbornes Stück
"Look Back in Anger", in dem solche
Dinge, prominent zum Beispiel ein Bügeleisen,
Gegenstände des Bühnengeschehens waren.
Dies war eine Reaktion gegen
den Stil, den Noel Coward und Terence Rattigan vertraten.
Auch Arnold Weskers „Das Hochzeitsfest“
gehört dazu. Sink Realism kann man mit dem
Aufstieg der "Angry Young Men" in Zusammenhang
bringen, eine journalistische Gruppe aus britischen
Autoren und Schriftstellern Mitte
der 1950er Jahre.
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Federico Garcia Lorca
Bernarda Albas Haus
1.Regieassistenz
2.Regie:Piet Drescher
Regieassistenz
Bluthochzeit
Regie: Ruslan Khakishev
Regiemitarbeit
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Bernarda Alba, Mutter von fünf Töchtern,
lebt gemeinsam mit ihren Kindern, ihrer
alten Mutter und zwei Mägden in einem
Haus in einem andalusischen Dorf.
Zu Beginn der Handlung verstirbt
Bernardas Ehemann, und so wird sie
zur Herrin des Hauses. Für sie ist das
wichtigste, was im Dorf über sie und ihre
Familie erzählt wird, und so ist sie ständig
darum bemüht, eine Fassade aufrecht-
zuerhalten,um die Familienehre zu wahren.
Bernarda führt ein tyrannisches Regiment im Haus, das für ihre unverheirateten Töchter zu einem Gefängnis wird.
Besonders zwischen ihr und der
jüngsten Tochter Adela kommt es
häufig zu Konflikten…
Gacela der verzweifelten Liebe
Die Nacht will nicht kommen,
damit du nicht kommen kannst
und ich nicht gehen kann.
Aber ich werde gehen,
auch wenn eine Skorpionsonne mir
die Schläfe auffrißt.
Aber du wirst kommen
mit deiner vom Salzregen verbrannten Zunge.
Der Tag will nicht kommen,
damit du nicht kommen kannst
und ich nicht gehen kann.
Aber ich werde gehen
und meine zerbissene Nelke den Kröten überlassen.
Aber du wirst kommen
durch die trübe Kloake der Dunkelheit
hindurch.
Weder Nacht noch Tag wollen
kommen, damit ich für dich sterbe
und du für mich stirbst.
[Gacela del amor desesperado]
Reiterlied
Canción de jinete
Cordoba.
Weit weg und einsam.
Schwarzes Pferdchen, großer Mond
und Oliven in meiner Satteltasche.
Auch wenn ich den Weg kenne,
werde ich nie in Cordoba ankommen.
Durch die Ebene, durch den Wind,
schwarzes Pferdchen, roter Mond.
Der Tod schaut von Cordobas Türmen
auf mich herab.
Ach, welch langer Weg!
Ach, welch tapferes Pferdchen!
Ach, daß der Tod mich
vor der Ankunft in Cordoba erwartet!
Cordoba.
Weit weg und einsam.
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Samuel Marschak
Die zwölf Monate
Regie:Irmgard Lange
Regieassistenz
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Er war ein anerkannter Übersetzer englischer Lyrik, bevor er ab 1923 begann, Theaterstücke und Verse für Kinder zu schreiben. Gefördert von Maxim Gorkij, erwarb sich Samuil Marschak besondere Verdienste als Leiter der Kinderbuchabteilung im Staatsverlag. Am 3. November 1887 wurde er als Kind jüdischer Eltern in Woronesch geboren.
Ausschnitt aus "Zwölf Monate":
Königin: Ich brauche nicht zu bitten,
ich bin die Königin.
Nimm uns in deinem
Schlitten mit!
Soldat: Wissen sie was, Eure Majestät, sprechen Sie nicht wie eine Königin mit ihr, sondern wie ein Mensch.
Königin: Ich glaube, ich habe Sie verstanden.
Liebes Mädchen, nimm uns bitte mit uns ist so
schrecklich kalt.
Mädchen: Aber natürlich. Steigt ein!
Eine Königin in Kindesalter
lernt zum ersten Mal, ihren Dünkel
zurückzunehmen.
Königin: Ich glaube, ich habe Sie verstanden.
Marschak lässt diese kindliche
Königin nach Lust und Laune
regieren - zum größten
Vergnügen der Zuschauer.
Johann Wolfgang von Goethe
FAUST I
Regie: Piet Drescher
Regieassistenz
Regie[1989]
DIE MITSCHULDIGEN
Regie
IPHIGENIE AUF TAURIS
Regie
PROMETHEUS IM KAUKASUS - 2015
Regie in Nazran Inguschetien
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PROMETHEUS
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst!
Und übe, Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und
Bergeshöhn!
Musst mir meine Erde
Doch lassen stehn,
Und meine Hütte,
Die du nicht gebaut,
Und meinen
Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.
Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn als euch Götter.
Ihr nähret
kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und
Bettler
Hoffnungsvolle Toren.
Da ich ein Kind war,
Nicht wusste, wo aus, wo ein,
Kehrte mein verirrtes Aug
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.
Wer half mir wider
Der Titanen
Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du's nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest, jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden da droben?
Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herren und deine?
Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehn,
Weil nicht alle
Knabenmorgen-
Blütenträume reiften?
Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, weinen,
Genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich.
FAUST - Eine Tragödie der Übereilung
"Fluch sei dem Balsamduft der Trauben!
Fluch jener höchsten Liebeshuld!
Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben,
Und Fluch vor allem der Geduld."
[1603-06]
"Ich bin nur durch die Welt gerannt;
Ein jed' Gelüst ergriff ich bei den Haaren,,
Was nicht genügte, ließ ich fahren,
Was mir entwischte, ließ ich ziehn."
[11433-36]
"Du hast sie zertört,
Die schöne Welt
Mit mächtiger Faust.
Sie stürzt, sie zerfällt!
Ein Halbgott hat sie zerschlagen!
Wir tragen
Die Trümmer ins Nichts hinüber
Und klagen über die verlorene Schöne."
[1607-16]
Iphigenie auf Tauris
1. Aufzug / Erster Auftritt
Iphigenie
Heraus in eure Schatten, rege Wipfel
Des alten, heil’gen, dicht belaubten Haines,
Wie in der Göttin stilles Heiligtum,
Tret’ ich noch jetzt mit schauderndem Gefühl,
Als wenn ich sie zum ersten Mal beträte,
Und es gewöhnt sich nicht mein Geist hierher.
So manches Jahr bewahrt mich hier verborgen
Ein hoher Wille, dem ich mich ergebe;
Doch immer bin ich, wie im ersten, fremd.
Denn ach! Mich trennt das Meer von den Geliebten,
Und an dem Ufer steh’ ich lange Tage,
Das Land der Griechen mit der Seele suchend;
Und gegen meine Seufzer bringt die Welle
Nur dumpfe Töne brausend mir herüber.
Weh dem, der fern von Eltern und Geschwistern
Ein einsam Leben führt! Ihm zehrt der Gram
Das nächste Glück vor seinen Lippen weg;
Ihm schwärmen abwärts immer die Gedanken
Nach seines Vaters Hallen, wo die Sonne
Zuerst den Himmel vor ihm aufschloss, wo
Sich Mitgeborne spielend fest und fester
Mit sanften Banden aneinander knüpften.
Ich rechte mit den Göttern nicht; allein
Der Frauen Zustand ist beklagenswert.
Zu Haus und in dem Kriege herrscht der Mann,
Und in der
Fremde weiß er sich zu helfen.
Ihn freuet der Besitz; ihn krönt der Sieg!
Ein ehrenvoller Tod ist ihm bereitet.
Wie eng-gebunden ist des Weibes Glück!
Schon einem rauen Gatten zu gehorchen,
Ist Pflicht und Trost; wie elend, wenn sie gar
Ein feindlich Schicksal in die Ferne treibt!
So hält mich Thoas hier, ein edler Mann,
In ernsten, heil’gen Sklavenbanden fest.
O, wie beschämt gesteh’ ich, dass ich dir
Mit stillem Widerwillen diene, Göttin,
Dir, meiner Retterin! Mein Leben sollte
Zu freiem Dienste dir gewidmet sein.
Auch hab’ ich stets auf dich gehofft und hoffe
Noch jetzt auf dich, Diana, die du mich,
Des größten Königes verstoßne Tochter,
In deinen heil’gen, sanften Arm genommen.
Ja, Tochter Zeus’, wenn du den hohen Mann,
Den du, die Tochter fordernd, ängstigtest,
Wenn du den göttergleichen Agamemnon,
Der dir sein Liebstes zum Altare brachte,
Von Trojas umgewandten Mauern rühmlich
Nach seinem Vaterland zurück begleitet,
Die Gattin ihm, Elektren und den Sohn,
Die schonen Schätze, wohl erhalten hast:
So gib auch mich den Meinen endlich wieder,
Und rette mich, die du vom Tod errettet,
Auch von dem Leben hier, dem zweiten Tode!
Faust – Erster Monolog
Habe nun, ach!
Philosophie,
Juristerei und Medizin,
Und leider auch Theologie
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Da steh' ich nun, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!
Heiße Magister, heiße Doktor gar,
Und ziehe schon an die zehen Jahr'
Herauf, herab und quer und krumm
Meine Schüler an der Nase herum -
Und sehe, daß wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
Zwar bin ich gescheiter als alle die Laffen,
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
Fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel -
Dafür ist mir auch alle Freud' entrissen,
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
Auch hab' ich weder Gut noch Geld,
Noch Ehr' und Herrlichkeit der Welt;
Es möchte kein Hund so länger leben!
Drum hab' ich mich der Magie ergeben,
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
Nicht manch Geheimnis würde kund;
Daß ich nicht mehr mit sauerm Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
Daß ich erkenne, was die Welt
Im Innersten zusammenhält,
Schau' alle Wirkenskraft und Samen,
Und tu' nicht mehr in Worten kramen...
Michail Rostschin
TRANSPORTZUG
Regie: Gerhard Meyer
Regieassistenz
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Michail Rostschins Stück spielt in
einem Transportzug. Im Oktober /Novemver 1941
wurden Frauen und Kinder aus Moskau in das
sowjetische Hinterland transportiert.
Der Angriff der deutschen Heeresgruppe „Mitte“
gegen Moskau hatte am 30. September 1941
begonnen.Trotz verzweifelten Widerstands
kamen die Truppen der Wehrmacht
bis auf ca,25 km an die sowjetische Hauptstadt
heran. Die Lage wurde brenzlig, Mitte Oktober
erging der Befehl, Staatsbehörden, einen Teil der
Industrie und der Bevölkerung ins Hinterland
zu evakuieren.
In der Stadt brach Panik aus; Gerüchte wollten
wissen, die Sowjetführung wolle Moskau den
Deutschen überlassen.
Schließlich wurde am 20. Oktober der Belagerungszustand ausgerufen.
Anfang Dezember 41 ging die Rote
Armee zum Gegenangriff über und
befreite in den folgenden Monaten
das Moskauer Vorland.
In der Geschichte des Zweiten Weltkriegs stellt
die „Schlacht um Moskau“ eine Zäsur dar, denn die
Sowjetarmee errang nun nach und nach die
strategische Initiative über den Gegner.
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Volker Braun
TINKA
Regie: Hartwig Albiro
Regieassistenz
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"Ein Freudenelend/Ist das Leben."
- lautet das Fazit einer Existenz, die
aufgeladen ist mit Erfahrungen "
aus einem rostigen Zeitalter".
Diese Lebensbilanz richtet sich
an den Enkel, die Zukunft allerdings
bleibt ungewiss.
Durchgearbeitete Landschaft
Hier sind wir durchgegangen
Mit unseren Werkzeugen
Hier stellten wir etwas Hartes an
Mit der ruhig rauchenden Heide
Hier lagen die Bäume verendet,
mit nackten Wurzeln, der Sand
durchlöchert
Bis in die Adern, umzingelt der
blühende Staub
Mit Stahlgestängen, aufgerissen
die Orte Überfahren mit rohen Kisten,
abgeteuft die teuflischen aaaaa Schächte
mitleidlos Ausgelöffelt die weichen Lager,
zerhackt, verschüttet,
aaaaa zersiebt, das Unterste gekehrt
nach oben und
aaaaadurchgewalkt und entseelt und zerklüftet.
Hier sind wir durchgegangen.
Und bepflanzt mit einem durch-
dringenden Grün Der Schluff, und kleinen
Eichen ohne Furcht
Und in ein plötzliches zartes Gebirge
Die Bahn, gegossen aus blankem Bitum
Das Restloch mit blauem Wasser
Verfüllt und Booten: der Erde
Aufgeschlagenes Auge
Und der weiße neugeborene Strand
Den wir betreten
Zwischen uns.
Volker Braun ,der nach dem Abitur
einige Jahre im Bergbau und Tiefbau
arbeitete, bevor er in Leipzigg
Philosophie studierte, beschäftigte
sich mit denWidersprüchen und
Hoffnungen in einem sozialistischen
Staat. Seit 1960 Mitglied der SED,
gelang es ihm nur unter Einsatz seines
taktischen Geschicks, seine Prosa oder
Gedichte zu veröffentlichen.
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Lew Ustinow
Das Honigfass - 1977
Regie
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Aus dem Stücktext von Lew Ustinow:
"Mein Name ist Maria. Ich warte. Ich warte auf die Rückkehr meines Freundes Peter.
Vor langen Jahren ging er in die Welt, um das Unrecht zu bekämpfen. Seither ist das Unrecht in unserer Stadt.
Der Schuster Stiefel nutzte Peters Abwesenheit
sofort aus, er wurde unser Diktator
[Stalins Vater war Schuster].
Peter war Schmied, er machte gute Angelhaken,
damit wir gute Fänge machten; Stiefel legt Fußstacheln
aus, damit wir uns die Schuhe zerfetzen. Da er ver-
boten hat, in zerfetzten Schuhen zu gehen und immer
wieder neue Stacheln auslegt, kommt er
als Schuhflicker zu immer mehr Geld.
So erwarb er die Macht über die Stadt.
Nun warten wir auf Peters Wiederkehr:
mein Vater, der einbeinige Führer,
zwei traurige Künstler und ich, Maria,
seine Braut.
Man muss das Unrecht verhindern,
wo es gerade aufkommt, man muss dazu nicht außer Landes gehen. Weiß man,
wer da zurückkommt?
Als Peter zurückkam, wussten wir nicht mehr,
wer er war. Stiefel ließ uns den
Sockel eines Denkmals bauen. Wer
stellte sich darauf? Peter. Er war ein
anderer Mann geworden, und er
war nicht mehr mein Mann. Stiefels
Tochter Stacheline sollte heiraten.
Wen? Ich muss es nicht sagen.
Wer war da zurückgekommen,behan-
gen mit einem Honigfass, aus dem er
ständig schleckte?
Anstatt seines kräftigen Arms, den
wir so dringend benötigten,gebraucht
Peter seine Zunge.
Sie will uns die Not so schmackhaft
machen wie Honig, sie leckt Stiefels
Stiefel. Alles sei gut in unserer Stadt,
sagt Peter. Nicht Stiefel habe Unrecht,
sondern wir, die gegen das Unrecht
sind. Unsere Welt sei schön;man
muss nur richtig hinsehen,
sagt der blinde Mann.
Ja er ist blind, er ist verblendet.
Die Hilfe, die wir von ihm erhofften,
hat er selbst jetzt am nötigsten.
Ich will herausfinden, was ihn
verändert hat, denn ich will, dass
unser Leben sich ändert.
Dazu brauchen wir ihn.
Ich will, dass er wieder sieht –
auch mich, Maria. Ich warte
nicht mehr.
Wir brauchen Peter so, wie er war,
damit unsere Stadt nicht so bleibt,
wie sie ist..."
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Wladimir Majakowski
MAJAKOWSKI-ABEND
Akteur
DIE WANZE
Akteur mit 7 Rollen
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Euer Traum
im Hirn
ist verweichlicht bereits,
wie ein fetter Lakai auf dem speckigen Sofa,
bis ich ihn erst einmal mit dem blutigen Fetzen
des Herzens gereizt und mich sattgelacht,
arrogant und bissig.
In meiner Seele fand sich von grauen
Haaren kein Schimmer, keine Greisenzärtlichkeit
fand sich!/Da schreit' ich: Es donnert die kraftvolle
Stimme./Und ich bin schön und bin zweiundzwanzig
Вашу мысль
мечтающую на размягченном мозгу,
как выжиревший лакей на засаленной кушетке,буду
дразнить об окровавленный сердца лоскут: досыта
изъиздеваюсь, нахальный и едкий. У меня в душе ни
одного седого волоса, и старческой нежности нет в
ней! Мир огромив мощью голоса, иду - красивый,
двадцатидвухлетний.
Und könntet ihr?
Die Farbe direkt aus dem Becher verspritzend
hab ich die Karte des Alltags bestrichen;
aus einer Schüssel Sülze gezogen,
zeig ich des Meeres Wangenbogen.
Von Blechfischschuppen las ich viele
Rufe neuer Lippen vor.
Und ihr?
Könnt ihr Nocturne spielen
auf einer Flöte aus Wasserrohren?
1913
Den Blechschildern
Lest euch die eisernen Büchelchen vor!
Unter der Flöte vergoldeter Staben
kriechen geräucherte Schnäpel hervor
und Steckrüben, die blonde Locken haben.
Doch wenn sich die fröhlichen Brühen
vereinen zum Sternbild des »Maggi« –
sieht man vom Sargmacher ziehen
die Prozessionen der Sarkophage.
Und wenn sich, ganz traurig und finster,
Laternen verlöschend versammeln,
verliebt euch unter dem Garküchenhimmel
in den Mohn keramischer Kannen.
1913
Ich
Über das Pflaster
meiner zerfahrenen Seele
hoppelt mit Wahnsinnssprüngen
die Ferse wilde Phrasen.
Wo die Städte
erhängt sind
und Wolkenschlingen
die krummen Hälse
der Türme erdrosseln –
gehe ich, um
alleine zu klagen,
weil man auf die Kreuzungen
Wachtmeister
nagelt.
Lärmchen, Lärm und Großlärm
Die Echos der Großstadt ein Lärmen durchdringt
von raschelnden Sohlen und krachenden Rädern,
doch Pferde und Menschen – nur Reitknechte sind's;
es folgt den schwindenden Sensen ein jeder.
Mädchen tragen Lärmchen vorbei.
Ein Lastwagen tosend mit Kisten schrammt.
Es raschelt des Trabers Überwurf leicht.
Rollenden Donner verplätschert die Tram.
Alles strömt durch die Tunnelpassagen
in Denkkanälen kreuzschlagend zum Platz,
wo Lärm zum Beherrscher aller Basare
gekrönt wird mit rußschwarzer Schreckensfratze.
1913
Da habt ihr!
Von hier aus ergießt sich schon bald in die Gassen
Mensch für Mensch euer schwabbelndes Fett, doch
ich, der Verschwender von Worten unfassbar,
hab aus Schatullen den Vers freigesetzt.
Bei ihnen, mein Herr, hängt im Bart noch ein Fuder
ungegessener Kohlreste, ölig und kraus;und sie, meine
Dame, sind dick eingepudert, ihre Austern, sie
quelln aus der Schale heraus.
Auf dreckigen Sohlen, mit und ohne Galoschen, trampelt ihr Schmetterlings Farbenpracht aus. Die Menge
vertiert, schon kommt sie gekrochen, die Beinchen gesträubt,hundertköpfig, als Laus.
Und wenn ich, ein Hunne, euch heute zur Last war, grobschlächtig und bitter, dann schert mich das nicht,
denn ich, der Verschwender von Worten unfassbar, spucke euch lachend ins Fratzengesicht.
(1913)
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Rudi Strahl
IN SACHEN ADAM UND EVA
Akteur
DIE TRAUERREDE u.a
1. Regie
2. Regie
Arno Prinz von Wolkenstein
Regie
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Im Westen kannte ihn ja niemand,
und es waren reine DDR-Alltagsstoffe,
die er schrieb.
Rudi Strahl, am 14. September 1931 in Stettin geboren, hatte erst einmal acht Jahre anständig gedient. Bei der NVA. Er war Adjutant eines Generals, er war Radsportprofi, er war ein Gemütskerl, der Humor hatte und das Grübeln
kriegte.Ein etwas schallender Humor, ein nichtsehr zweiflerisches Grübeln.
Sein Kollege und Freund Peter Hacks spottete,
Strahl ärgere sich nur,"dass Parteisekretäre
nicht hellsehen können".Hacks vermutete,
dass Strahl "einen Vorrat von
komischen theatralischen Konstel-
lationen besitzt, und die durch einen
Computer laufen lässt, bis eine
derselben zu seinem Problem passt."
Zu den bekanntesten
Stücken gehörten "Ein irrer Duft von
frischem Heu","In Sachen Adam und Eva",
"Arno Prinz von Wolkenstein".
Sie wurden an der Theaterfront der DDR
auf und nieder gespielt, der "Irre Duft"
am Gorki-Theater einige hundert Mal,
es hat den Leuten sehr gefallen.
Nach Strahls Vorlagen entstanden
mehr als 40 Kino- und Fernsehfilme,
darunter "Meine Freundin Sibylle",
"Einfach Blumen aufs Dach",
"Ein ehrlicher Finder".
Millionen Zuschauer sahen sie.
Die Gesamtauflage seiner Bücher
erreichte fast fünf Millionen
Exemplare. Sie wurden in 26 Sprachen
übersetzt.
Nach der
Wende ließ der Erfolg nach, doch
Strahl gab nicht nach. Für Harald
Juhnke schrieb er den Fernsehfilm
"Ein Kerl wie Samt und Seide".
Am Staatstheater Cottbus wurde der Schwank
"Kein Bahnhof für zwei" uraufgeführt. Bitter
empfand er den Tod seines Sohnes Bob, der
1997 im Alter von 38 Jahren starb und nach
zwei eigenen Erzählbänden am Beginn eines schriftstellerischen Weges stand.
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Friedrich Hölderlin
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HYPERION
1. Regie / Akteur [Alabanda]
2. Regie auf der Wilhelmsburg
3. Regie auf dem Invalidenfriedhof
4. Filmregie
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HYPERION
Eines zu sein mit Allem, was lebt!
Mit diesem Wortelegt die Tugend den
zürnenden Harnisch, der Geist des
Menschen den Zepter weg, und alle
Gedanken schwinden vor dem
Bilde der ewigeinigen Welt, wie
die Regeln des ringenden Künstlers
vor seiner Urania, und das eherne
Schicksal entsagt der Herrschaft,
und aus dem Bunde der Wesen
schwindet der Tod, und Unzer-
trennlichkeit und ewige Jugend
beseliget, verschönert die Welt.
O ein Gott ist der Mensch,
wenn er träumt, ein Bettler,
wenn er nachdenkt.
Da ich noch ein stilles Kind war und
von dem allem, was uns umgibt,
nichts wußte, war ich da nicht mehr,
als jetzt, nachall den Mühen
des Herzens und alldem
Sinnen und Ringen?
Wie unvermögend ist doch der
gutwilligste Fleißder Menschen
gegen die Allmacht der ungeteilten
Begeisterung. Sie weilt nicht
auf der Oberfläche, faßt nicht
da und dort uns an, braucht
keiner Zeit und keines Mittels;
Gebot und Zwang und Über-
redung braucht sie nicht; auf
allen Seiten, in allen Tiefen und
Höhen ergreift sie im Augenblick
uns, und wandelt, ehe sie da ist
für uns, ehe wir fragen,wie uns
geschiehet, durch und durch in
ihre Schönheit, ihre Seligkeit
uns um.
Es gibt ein Vergessen alles Daseins,
ein Verstummen unsers Wesens, wo
uns ist, als hätten wir alles gefunden.
Es gibt ein Verstummen, ein Vergessen
alles Daseins, wo uns ist, als hätten
wir alles verloren, eine Nacht
unsrer Seele, wo kein Schimmer
eines Sterns, wo nicht einmal ein
faules Holz uns leuchtet
O ihr, die ihr das Höchste und Beste
sucht, in der Tiefe des Wissens,
im Getümmel des Handelns,
im Dunkel der Vergangenheit,
im Labyrinthe der Zukunft, in den
Gräbern oder über den Sternen! wißt
ihr seinen Namen? den Namen des,
das Eins ist und Alles? Sein Name
ist Schönheit.
Hyperion an Bellarmin
Wohl dem Manne, dem ein blühend
Vaterland das Herz erfreut und stärkt!
Mir ist, als würd ich in den Sumpf
geworfen, als schlüge man den Sarg-
deckel über mir zu, wenn einer an
das meinige mich mahnt, und wenn
mich einer einen Griechen nennt, so
wird mir immer, als schnürt' er mit dem
Halsband eines Hundes mir die Kehle zu.
Und siehe, mein Bellarmin! wenn
manchmal mir so ein Wort entfuhr,
wohl auch im Zorne mir eine Träne ins
Auge trat, so kamen dann die weisen
Herren,die unter euch Deutschen so
gerne spuken, die Elenden,denen ein
leidend Gemüt so geraderecht ist, ihre
Sprüche anzubringen, die taten dann
sich gütlich, ließen sich beigehn,
mir zu sagen:
Klage nicht, handle!
O hätt ich doch nie gehandelt! um wie
manche Hoffnung wär ich reicher!
HYPERIONS Schicksalslied
Ihr wandelt droben im Licht
Auf weichem Boden, selige Genien!
Glänzende Götterlüfte
Rühren euch leicht,
Wie die Finger der Künstlerin
Heilige Saiten.
Schicksallos, wie der schlafende
Säugling, atmen die Himmlischen;
Keusch bewahrt
In bescheidener Knospe,
Blühet ewig
Ihnen der Geist,
Und die seligen Augen
Blicken in stiller
Ewiger Klarheit.
Doch uns ist gegeben,
Auf keiner Stätte zu ruhn,
Es schwinden, es fallen
Die leidenden Menschen
Blindlings von einer
Stunde zur andern,
Wie Wasser von Klippe
Zu Klippe geworfen,
Jahr lang ins Ungewisse hinab.
Shelagh Delaney
BITTERER HONIG
Regie
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Als 17-Jährige begann Shelagh Delaney
die Arbeit an Bitterer Honig zuerst in Romanform.
Bald merkte sie,dass ihre Ideen als Theaterstück
besser zur Geltung kommen würden und nahmsich
zwei Wochen frei, um es umzuschreiben.
Die Hauptfigur des Stückes ist das
Mädchen Jo, das zusammen mit ihrer „lockeren“
Mutter Helen in einem englischen Slum lebt.
Das Drama konfrontiert uns mit sozialen Themen.
Jo als ledige Mutter, Helens Rassismus, sowie Jo's
schwulen Freund Geoffrey – in einer Offenheit, die für
das England der 1950er völlig neu war, und
für die Zuschauer 1979/80 im „Tal der Ahungslosen“,
Dresden, erst recht.Titel der Beatles, Harry Belafontes
und Elvis Presleys unterstützten unsere provokante
Inszenierung.
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Kazimierz Moczarski
Gespräche mit dem Henker
Regie / Akteur
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Die Ermordung von über 70 000 Juden ist nur einsvon
vielen Verbrechen des fanatischen Hitleranhängers
JürgenStroop. Kazimierz Moczarski, ehemaliger
Offizier der polnischen Heimatarmee, war im stali-
nistischen Nachkriegspolen wegen angeblicher
Kollaboration mit den Deutschen verhaftet worden.
Um seine Moral zu brechen,sperrten ihn 1949 die kommunistischen Machthaber in eine Zelle des War-
schauer Mokotow-Gefängnisses mit Kriegsverbrechern.
Was Moczarski in seinem Buch
«Gespräche mit dem Henker»
später aus dem Gedächtnis über
diese qualvolle Zeit niedergeschrieben hat,
ist auch heute noch kaum erträglich..
Für Stroop gilt nur eins: «Befehl ist Befehl.»
Bis ins letzte Detail erläutert er Moczarski
die «Großaktion zur Vernichtung des Warschauer Ghettos».Erschreckend:
Daten, Tageszeiten und Opferzahlen
-er hat alles genau im Kopf.
Stroop wurde 1952 nach einem Prozess
in Polen hingerichtet. Moczarski (1907-
1975) kam 1956 frei und wurde in einer öffent-
lichen Gerichts- verhandlung vollständig rehabilitiert.
Die Veröffentlichung seines Buches 1977 in Polen
erlebte er nicht mehr.
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Alexander Wampilow
Der ältere Sohn
Regie
Letzten Sommer in Tschulimsk
Regie: Gerhard Meyer
Regieassistenz
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Der ältere Sohn
Eine Parabel vom verlorenen Sohn. Der Student
Bussygin und sein Saufkumpan Silva verpassen
den letzten Vorortzug, draußen ist es kalt.
Sie finden schließlich Unterschlupf in
der Wohnung des Geigers Sarafanow. Bussygin
gibt sich nämlich als der unbekannte uneheliche Sohn des Musikers aus. Der gutmütige Mann fällt zu gern
auf den Trick herein, da seine zwei Kinder gerade im Begriff sind, ihn zu verlassen. Witzigerweise ist nicht nur dieGeschichte des frechen Eindringlings eine Lüge....
Alexander Wampilow, geboren 1937 in Kutulik bei
Irkutsk, Dramatiker. Zwei Tage vor seinem
35. Geburtstag ertrank er im Baikal-See.
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Johannes R.Becher
1. Becherabend
Regie
2. Becherabend
Regie
WINTERSCHLACHT
Regie
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Winterschlacht
Held des Stückes ist der Gefreite Johannes
Hörder, für die Aufstellung einer Tafel mit
der Aufschrift „Moskau 100 km“ mit dem
Ritterkreuz ausgezeichnet.
Becher nennt ihn eine „deutsche
Hamletfigur“. Sein Vater, SS-Ober-
gruppenführer und Beisitzer des
„Volksgerichts-hofes“, ist verant-
wortlich für das Todesurteil gegen
den Vater seines Freundes und
die Verhaftung von dessen Frau,
schuldig auch am Tode seines
Bruders, den er auftragsgemäß
wegen „Wehrkraft-zersetzung“
selbst liquidierte.
Nachdem er dies alles erfahren,
sagt sich Johannes Hörder am
Weihnachtsabend – eben auf
Urlaub gekommen – vom Vater
los. Der hatte ihm vorher ein
Aktienpaket des von ihm beauf-
sichtigten Stahlkonzerns unter
den Christbaum gelegt.
Auch die Mutter fordert jetzt von
ihrem Mann Rechenchaft für
den Tod ihres ältesten-Sohnes.
In einer dramatischen Szene
erschießt sie ihn, während aus
dem Radio die Klänge von „Stille
Nacht, heilige Nacht“ ertönen.
Vom gläubigen Gefolgsmann
des „Führers“ zum Antifaschisten
gewandelt, kehrt Gefreiter Hörder
an die Ostfront zurück.
Hier gerät er in den Verdacht,
die Flucht seines Freundes Nohl
zu den Sowjets begünstigt zu
haben und soll als „Bewährungs-
auftrag“ zwei Partisanen erschiessen.
Seine Weigerung liefert ihn selbst
dem Tode aus...
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Hans Fallada
Kleiner Mann, was nun?
Regie
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"Was nun?" in Zeiten der
Weltwirtschaftskrise:
Falladas Antwort auf diese Frage der kleinen
Leute ist Lämmchen, diese sanfte und
tapfere Frau, die das Leben ihres
verzweifelten Mannes in die Hände nimmt.
Beide glauben an ihr Glück und an ihre
Liebe. Doch das Glück will sich nicht
einstellen, statt dessen gibt es Kummer und
Sorgen, als sich Pinneberg in das
Millionenheer der Arbeitslosen
einreihen muss.
Warmherzig und voller Dramatik erzählt
Fallada in seinem 1932 erstmals
veröffentlichten Eheroman von einem
kleinen Angestellten und seinem "
Lämmchen", einer Frau von beherzter
Lebenskraft, die im Kampf gegen eine
unfriedliche Welt, Missgunst und
wirtschaftliche Not ihr zärtlich-idyllisches
Glück behaupten.
Tankred Dorsts und Peter Zadeks Revue aus
den 70er Jahren entführt uns in die Zeit der
30er Jahre. Neben der realen Not und der
hohen Arbeitslosigkeit funkelt der schöne
Schein einer Glamour- und Revuewelt mit
Musik-, Tanz und Gesangsnummern.
Dieses Stück ist Teil von:
"Kleiner Mann - was
nun?"
Roman von Hans Fallada
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Wladimir Tendrjakow
ABRECHNUNG
Regie
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In dem Stück "Abrechnung" erschoss ein
15-jähriger Junge seinen Vater, der ein Säufer
war und die Familie tyrannisierte. Wir können
heute kaum noch nachvollziehen,welche
Grundidee Wladimir Tendrjakow in der
ABRECHNUNG verfolgte? Das wichtigste
Problem des Stückes war 1981,dass ein
Lehrer seine Schüler dazu bewegen wollte
keine Ungerechtigkeiten hinzunehmen.
Führte das zur Tat des Jungen?
War es nicht richtig,die Kinder nur
"zum Guten" erziehen zu wollen???
Der Vater einer Schülerin macht dem
Lehrer direkt Vorwürfe.
"Dur darfst dich mit keiner Schlechtigkeit
abfinden - haben Sie das gefordert
von den Kindern?"
"Ja."
"Und haben Sie nicht auch gefordert:
Du sollst bedingungslos gut
sein?"
"Auch."
"Und worauf läuft das hinaus?
Ihr müsst gegen den Strom
schwimmen, Kinder.
Überlegen Sie mal: das ist doch furchtbar!"
(Tendrjakow Abrechnung.: Seite 24)
Dieser Vater griff den Lehrer an, weil
er will, dass seine Tochter glücklich wird und kein
"naives Dummchen" (ebd.: 92), die sich beim
Versuch, die Welt zu bessern, das Kreuz bricht.
Auf die Frage des Lehrers, wie es dann in der
Welt besser werden soll, antworte er nur:
"Was kümmert mich die Welt!" (ebd.: 93).
Neben dem Lehrer erklären sich fast alle
Betroffenen zu Schuldigen, die Mutter des Jungen,
die Mutter des getöteten Vaters. Die Schulklasse
des Jungen und seine Freundin erklären sich so
sehr solidarisch, dass sie die Losung preisen:
"Töten, um zu leben". Das bereitet dem Lehrer
einen doppelten Schrecken: Das also hat seine
Lehre, für das Gute einzutreten gebracht:
die Bereitschaft zum Töten?! Die Verwirrung geht
so weit, dass sogar der verantwortliche Polizeibeamte versucht, den Jungen zu entlasten. Der Lehrer kommt aber schließlich zu einer Lösung des Konflikts. Man muss nicht verzichten, sich für das Gute einzusetzen, aber man darf
den Kindern die schlimmen Realitäten des Lebens nicht verschweigen und sie dadurch ins Abseits treiben,wenn sie schrecklichen Situationen
ausgeliefert sind. Die Alternative war Offenheit
gegenüber schwierigsten Problemen:
"Wäre er nur in andere Umstände geraten.
Wenigstens an unserer Schule, hätte er vielleicht Verständnis gefunden und dadurch gewusst,er kann auf unser Mitgefühl rechnen - ob ihm dann auch der Gedanke gekommen wäre, denverhaßten Vater umzubringen?" (ebd.: S.186)
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Georg Kreisler
Heute Abend LOLA BLAU
Regie
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Lola Blau singt über "Frau Schmidt":
Ob bei Frau Schmidt sich auch kein Gewissensbiß regt?
Ob auch sie das Vergangene vergaß?
Ob sie weiß, daß auch sie ihren Schuld-anteil trägt?
Nein - ich glaube, die sagt sich nur das:
Hätt ich damals den Goldstein genommen,
wär ich sicher nach Amerika gekommen.
Doch Papa war Antisemit,
und so bin ich nur die Frau Schmidt.
Hätt ich damals mir manches verkniffen
und auf andre Kosten nicht zu hoch gegriffen -
doch ich hatte so Appetit.
Und so bin ich nur die Frau Schmidt.
Frau Schmidt ist die anonyme Frau.
Bei Nacht sind alle Katzen grau.
Frau Schmidt, die stets nur von andern
spricht, denn meinen Namen merkt
man sich ja nicht.
Gott sei Dank, daß ich Bruno nicht küßte,
weil ich heut mit ihm ein Land regieren
müßte. Aber Bruno biß auf Granit,
und so bin ich nur die Frau Schmidt.
Frau Schmidt, die sich nicht verleiten läßt,
denn Sex ist nun mal nicht gesund.
Frau Schmidt, die sich nichts bestreiten läßt.
Des Menschen bester Freund, das ist sein Hund.
Frau Schmidt braucht keinen Bewegungsgrund,
um gegen irgendwas zu sein. Frau Schmidt braucht
keinen Überlegungsgrund,um lang und laut zu schrein.
Denn was in allen Illustrierten steht, das leuchtet
letzten Endes ein.
Ich mag keine zu intelligenten
frechen Juden oder farbigen Studenten.
Denen geb ich, hopp, einen Tritt,
denn ich bin ja nur die Frau Schmidt.
Und bei Malern da werd ich noch wilder.
In der Zeitung les ich niemals ihre Bilder.
Jeder Maler ist ein Bandit,
aber ich bin nur die Frau Schmidt.
Frau Schmidt kann im Grunde nichts dafür.
Das halbe Volk steht hinter ihr.
Frau Schmidt ist bisweilen mäuschenstill,
man weiß ja an der Spitze, was sie will.
Deshalb stört mich auch nichts an den Ländern, die sich heutzutage mit den Zeiten ändern. Zwar es bringt
mir keinen Profit, denn ich bin ja nur die Frau Schmidt.
Aber trotzdem mache ich mit,
denn die Zeiten ändern sich,
Pleiten ändern sich,
Mächte ändern sich,
Knechte ändern sich.
Was sich niemals ändert, ist die Frau Schmidt.
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Anton Tschechow
SCHWANENGESANG
Regie
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„Wo Kunst ist, wo Talent ist, da gibt s kein Alter,
keine Einsamkeit, keine Krankheit, und selbst
der Tod ist halb so schwer.“
…
Das Schlimme ist, dass wir die einfachsten
Fragen mit Tricks zu lösen versuchen, darum
machen wir sie auch so ungewöhnlich
kompliziert. Man muss nach einfachen
Lösungen suchen…
…
Anständigen im wahren Sinne begegnet man
nur unter Menschen, die feste Überzeugungen
haben.Konservative oder Liberale, die so
genannten Gemäßigten neigen zu sehr zu
Belohnungen, Beihilfen, Kreuzen, Gehaltszulagen…
Tschechow schrieb, mit erkennbarem
Bezug auf seine Kindheit und Jugend
sowie seinungewollt frühes Erwachsen-
werden, in einem Brief an seinen lang-
jährigen Verleger Suworin:
„Was die adligen reichen Schriftsteller
von der Natur umsonst bekommen haben,
das erkaufen sich die Intellektuellen aus
den unteren sozialen Klassen auf Kosten
ihrer Jugend. Schreiben Sie mal eine
Erzählung, wie ein junger Mann, Sohn
eines Leib-eigenen, früher Ladenjunge,
Chorsänger, Gymnasiast und Student,
erzogen zur Ehrfurcht vor der Rangord-
nung, zum Küssen von Popenhänden
und zur Verehrung fremder Gedanken,
der sich für jedes Stück Brot bedankte,
der oft geschlagen wurde, der ohne
Überschuhezu den Stunden ging, der
sich prügelte,Tiere quälte, der gern bei
reichen Verwandten zu Mittag aß, der
vor Gott und den Menschen ohne jede
Notwendigkeit nur aus dem Bewusstsein
seiner Nichtigkeit heuchelte –
...schreiben Sie, wie dieser junge
Mann aus sich tropfenweise den
Sklaven herauspresst und wie er
eines schönen Morgens aufwacht
und fühlt, dass in seinen Adern
nichtmehr Sklavenblut, sondern
echtes Menschenblut fließt.“
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Edmond Rostand
Cyrano aus Bergerac
Regie
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Aus Cyranos "Nasenmonolog"
Ach, nein! Das ist ein bißchen dünn,
mein Freund. Man könnt’ da noch so
manches sagen, wie mir scheint.
In mancher Tonart, nehmen Sie zum
Beispiel die: Provokativ: “Hätt’ ich
solch eine
Nase, Herr, wie Sie,
Dann würd’ ich sie mir auf der Stelle
amputieren lassen!”
Vertraulich: “Stört die sehr in Ihren
Suppentassen? Zum Trinken sollten
Sie vielleicht
ein Faß verwenden.”
Beschreibend: “Welch ein Fels!
Ein Berg zum
Schattenspenden.
Ach nein, was sag ich? Berg?
Ein Bergmassiv ist das!”
Verblüfft: “Und diese lange Kapsel
dient als was? Als Schreibzeug oder
als ein Maniküretui?”…
Brutal: “Das soll jetzt Mode sein?
Indiskutabel! Na ja, zum Hutaufhän-
gen aber ganz
passabel.”
Besorgt: “Wird’s dieser Meisternase
mal zu kalt, Verschickt sie ihre Nieser
mit Orkangewalt!”
Dramatisch: “Wenn die blutet,
steigt das Rote Meer!”
Erstaunt: “Welch Aushangschild für
einen Parfümeur!”
Poetisch: “Seht! Das größte Muschel-
horn auf Erden!”
Naiv: “Kann dieses Monument
besichtigt werden?”
So oder ähnlich hätten
Sie mich foppen können,
Würden Sie Bildung und
Verstand Ihr eigen nennen.
Doch statt gebildet sind Sie
nur ein Jammerbild!
Und Ihr Gehirn ist nicht ein Jota
mit Verstand gefüllt.
Jedoch: Besäßen Sie tatsächlich
solche
Geisteskraft,
Um sich im Beisein dieser
edlen Hörerschaft
Zu unterstehn, mir alle diese
mörderischen, Beleidigenden
Nasenscherze
aufzutischen,
Dann würde schon der erste
Laut vom ersten Wort Vom
ersten Satz Ihr letzter sein.
Denn hier und dort Verspott’
ich mich zwar manchmal
selber gern und gut,/Doch
ich erlaube nicht, daß es
ein andrer tut!”
CYRANO
...In meinem Innern bin ich um so feiner.
Den Stutzern, die so teuren Aufputz tragen,
Steh ich an Reinlichkeitsgefühl nicht nach
Und würde nie mich unter Menschen wagen
Mit einer noch nicht abgewaschnen Schmach,
Mit schmutzigem Sinn, schlaftrunkenem Gewissen
Und einem Ruf, der schäbig und zerschlissen.
Ich bin, wenngleich so schmucklos von Gestalt,
Mit Unabhängigkeit und Mut geschmückt;
Zwar hat mich keine Schnürbrust je gedrückt;
Doch in der Brust die Richtschnur gibt mir Halt.
Vollbrachte Taten dienen mir als Bänder;
Den Witz hab ich zum Zierat mir erkoren,
Und ritterlich, bei müßigem Geschlender,
Laß ich die Wahrheit klirren statt der Sporen…
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Friedrich Gerstäcker
Pferdediebe in Arkansas
Regie
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Vorbilder
"Was mich so in die Welt hinausgetrieben?
Will ich aufrichtig sein, so war der, der den
ersten Anstoß dazu gab, ein alter Bekannter
von uns allen, und zwar niemand anders
als Robinson Crusoe.
Mit meinem achten Jahr schon faßte ich
den Entschluß, ebenfalls eine unbewohnte
Insel aufzusuchen,und wenn ich auch
herangewachsen, von der letzteren
absah, blieb doch für mich, wie für
tausend andere, das Wort 'Amerika'
eine gewisse Zauberformel, die mir
die fremden Schätze des Erdballs er-
schließen sollte."
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Lew N. Tolstoi
KRIEG und FRIEDEN
Regie
KRIEG und FRIEDEN
Regie und Fassung
2013 in Nazran/ Inguschetien
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Der Erzähler eröffnet die Vorstellung
unter anderem mit:
Tolstoi bekennt es klar: eine absichtlose
Kunst gebe es nicht, vielmehr habe die
Kunst den bestimmten Zweck,den guten
Beziehungen zwischen den
Menschen zu dienen.
Den guten Beziehungen zwischen den
Menschen dient bestimmt nicht der Krieg.
Die Absicht Tolstois war, zu zeigen,
daß Kriege etwas Unvernünftiges,
der menschlichen Natur Zuwiderlau-
fendes sind, weil ihr Resultat vom
Zufall abhängt.
Das heißt: in Kriegen und Schlachten
gibt es Tote und Sieger, das ist gewiß.
Aber nicht gewiß ist, wer die Toten und
wer die Sieger sein werden.
Manche werden meinen, nicht der
Zufall entscheidet, sondern Gott.
Friedrich der Große meinte, Gott sei
mit den stärkeren Bataillonen.
Aber heute fragen wir uns, wenn alle
Menschen umgekommen sein werden,
mit wem wird dann Gott sein? Aber
soll man denn das so deutlich
sagen, noch dazu im Theater?
Meine Damen und Herren, die meisten
Menschen wissen seit Generationen,
daß der Krieg etwas Schreckliches ist,
dennoch zogen sie immer wieder
in die Kriege. Sie trösteten sich mit
Tolstoi, daß zwar das private Leben
durch die Politik der Kriege durchkreuzt
und zerstört werde, daß aber das Leben
in seiner kollektiven Gesamtheit -das
natürliche Leben, wie Tolstoi sagt -
immer weitergehe.
Damit können wir uns nicht mehr trösten.
Wenn wir nicht deutlich werden, kann es
geschehen,daß das Leben eines Tages
nicht mehr weitergeht.
ZITATE
Wenn alle Menschen nur aus Überzeugung in
denKrieg zögen, dann würde es
keinen Krieg geben…
Heutzutage schreibt jeder neue Gesetze;
schreiben ist leichter als handeln…
Jede gewaltsame Reform verdient getadelt
zu werden, weil sie das Übel nicht bessern
wird, solange die Menschen so bleiben,
wie sie sind, und weil die Weisheit
Gewalt verschmäht…
Bei historischen Ereignissen sind die
"großen Männer" nur die Signatur, die
dem Ereignis den Namen geben…
Nur die Widerwärtigkeiten des Lebens
können uns von der Eitelkeit des Lebens
überzeugen und so die uns angeborene
Liebe zum Tod oder zur Wiedergeburt
zu einem neuen Leben verstärken…
Es ist unmöglich, die Leidenschaften
auszurotten; wir müssen nur darauf
bedacht sein, sie auf ein edles
Ziel zu lenken…
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Tirso de Molina
Die fromme Marta
Regie
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Über die fromme Marta:
"Jedoch auf gute Speis' und weiche
Betten hält sie noch viel, das ändert
sie sich nicht.
Tut sie auch alles, ihre Seel' zu
retten, Und lebt so fromm -
solang es ein Gericht Rebhühner
gibt, läßt sie das Rindfleisch stehn."
Gabriel Telez (um 1584 - 1648),
spanischer Theologe,bekannter
unter dem Pseudonym Tirso de
Molina,1600 schloß er sich dem
Mercedarierorden (Ordo Beatae
Mariae Virginis de Mercede) an.
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Hans Christian Andersen
DER SOLDAT UND DAS FEUERZEUG
1.Regie
2.Regie
Die Prinzessin und der Schweinehirt
Titelrolle
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Hier der Beginn aus Hans Christian
Andersens Märchen:
DIE PRINZESSIN UND DER DER SCHWEINEHIRT
Es war einmal ein armer Prinz; er hatte nur ein ganz
kleines Königreich;aber es war immer groß genug,
um sich darauf zu verheiraten,und verheiraten wollte
er sich. Nun war es freilich etwas keck von ihm,dass
er zur Tochter des Kaisers zu sagen wagte:
"Willst du mich haben?"
Aber er wagte es doch, denn sein Name war
weit und breit berühmt;es gab hundert Prinzes-
sinnen, die gerne ja gesagt hätten; aber ob sie
es tat? Nun, wir wollen hören. Auf dem Grabe
des Vaters des Prinzen wuchs ein Rosen-
strauch, ein herrlicher Rosenstrauch; der
blühte nur jedes fünfte Jahr und trug dann
auch nur die einzige Blume; aber das war
eine Rose, die duftete so süß, dass man
alle seine Sor- gen und seinen Kummer
vergaß, wenn man daran roch.
Der Prinz hatte auch eine Nachtigall, die
konnte singen,als ob alle schönen Melo-
dien in ihrer Kehle säßen.
Diese Rose und die Nachtigall sollte die
Prinzessin haben, und deshalb wurden
sie beide in große silberne Behälter-
gesetzt und ihr zugesandt.
Der Kaiser ließ sie vor sich her in den
großen Saal tragen, wo die Prinzessin
war und mit ihren Hofdamen "Es kommt
Besuch" spielte. Als sie die großen Behälter
mit den Geschenken erblickte, klatschte sie
vor Freude in die Hände."Wenn es doch eine
kleine Miezekatze wäre!"sagte sie, aber da
kam der Rosenstrauch mit der herrlichen
Rose hervor. "Wie niedlich sie gemacht ist!"
sagten alle Hofdamen. "Sie ist mehr als
niedlich", sagte der Kaiser, "sie ist schön!"
Aber die Prinzessin befühlte sie, und da war
sie nahe daran, zu weinen."Pfui, Papa!"
sagte sie,"sie ist nicht künstlich, sie ist
natürlich!" "Pfui," sagten alle Hofdamen,
"sie ist natürlich!"…
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E.Schikaneder / W.A.Mozart
Die Zauberflöte
Fassung / Regie
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Die Königin der Nacht
an ihre Tochter Pamina:
Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen,
Tod und Verzweiflung
flammet um mich
her!
Fühlt nicht durch dich Sarastro
Todesschmerzen,
So bist du meine Tochter
nimmermehr. Verstoßen sei auf
ewig, Verlassen sei auf
ewig,
Zertrümmert sei'n auf ewig
Alle Bande der Natur
Wenn nicht durch dich
Sarastro wird erblassen!
Hört, Rachegötter,
Hoert der Mutter Schwur!
Pamina, Papageno:
Schnelle Fuesse, rascher Mut
Schuetzt vor Feindes List und Wut.
Faenden wir Tamino doch,
Sonst erwischen sie uns noch...
SARASTRO
In diesen heil'gen Hallen,
Kennt man die Rache nicht.
Und ist ein Mensch gefallen,
Führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand
Vergnügt und froh ins beßre Land.
Dann wandelt er an Freundes Hand
Vergnügt und froh ins beßre Land.
In diesen heil'gen Mauern,
Wo Mensch den Menschen liebt,
Kann kein Verräter lauern,
Weil man dem Feind vergibt.
Wen solche Lehren nicht erfreun,
Verdienet nicht ein Mensch zu sein.
Wen solche Lehren nicht erfreun,
Verdienet nicht ein Mensch zu sein.
Michail Bulgakow
KABALE DER SCHEINHEILIGEN (1977)
Dramaturgische Mitarbeit
DER MEISTER UND MARGARITA
1. Fassung/ Regie
2. Regie
3. Regie
4. Neufassung/Regie
5. Lesung 2017 im Berliner "MOABIT LIEST"
HUNDEHERZ & MORPHIUM
Filmfassung
2017 Theaterstudio BART in Inguschetien
2018 im Februar
Lesung aus meiner Stückfassung
DER MEISTER UND MARGARITA
in Berlin - Moabit
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"Nun gut, wer bist du denn? - Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft", sagt der Teufel in Goethes Faust, dem anderen klassischen Werk der europäischen Literatur, auf das sich Der Meister und Margarita ganz offen bezieht. Faust ist scheinbar dualistisch, ebenso wie der Roman Bulgakows, die gerade zitierte Stelle, die die Scheinbarkeit des Dualismus im Faust explizit zeigt, hat Bulgakow seinem Roman als Motto vorangestellt und damit deutlich auf die Korrespondenzen seines Romans mit der Goetheschen Tragödie hingewiesen. Diese ausgesprochen technischen Korrespondenzen können wir diesmal außer Acht lassen, denn nicht ihretwegen ist Der Meister und Margarita eine absolute Ausnahme und ein völliger "Außenseiter" in der europäischen Literatur dieses Jahrhunderts, sondern wegen einer Verwandtschaft mit Goethes Faust, die in der Literatur unserer Zeit ganz unmöglich ist.
Bulgakow glaubt ebenso an das Gute und den Sinn wie Goethe. Goethe musste ganz offensichtlich seine ganze Meisterschaft aufbieten, um an der Schwelle unserer Epoche einen glücklichen Faust zu schreiben, weil sich schon zu seiner Zeit die dunklen Seiten der Aufklärung ankündigten; vermutlich wird uns gerade deshalb so drastisch vor Augen geführt, dass mit Faust eine Epoche zu Ende geht und ein mögliches Weltgefühl aufhört. Welche Kraft und welche Meisterschaft musste da erst Bulgakow aufbieten, um seinen Faust zu schreiben?! Und das in unserer Zeit, in der die dominante Strömung der Literatur im Widerstand zu ihrem eigenen Fundament steht, indem sie hartnäckig zu beweisen sucht, dass sie des Sinnes entbehrt und somit nicht möglich sein kann.
Devad Karahasan
Über VOLAND, den Satan.
In Bulgakows Roman feierte er
seinen Frühlingsvollmondball
im Moskau der Stalinzeit:
Später, als es, offen gesagt, bereits zu spät war, veröffentlichten verschiedene Behörden ihre Berichte zur Beschreibung dieser Person [Volands]. Man kann nur staunen, wie sehr sich diese Berichte glichen. So besagt der erste, es handele sich um eine Person von kleinem Wuchs, mit Goldzähnen, die auf dem rechten Bein hinke. Im zweiten heißt es, die Person sei von riesenhafter Größe, ihre Zähne seien mit Platin überkront und sie hinke auf dem linken Bein. Der dritte stellt lakonisch fest, die Person verfüge über keinerlei besondere Merkmale. Leider muß gesagt werden, daß keiner dieser Berichte etwas taugt. Zuerst einmal: Der Beschriebene hinkte auf keinem Bein und war weder riesig noch klein, sondern einfach hochgewachsen. Was seine Zähne betrifft, so hatte er links Platin- und rechts Goldkronen. Er trug einen teuren grauen Anzug und ausländische Schuhe in der gleichen Farbe. Das grüne Barett saß verwegen über einem Ohr und unter dem Arm trug er einen Stock, dessen Knauf die Form eines Pudelkopfs hatte. Dem Aussehen nach war er etwas über vierzig. Der Mund irgendwie schief. Glattrasiert. Brünett. Das rechte Auge war schwarz, das linke aus irgendeinem Grund grün. Auch die Brauen waren schwarz, aber die eine saß etwas höher als die andere. Mit einem Wort: ein Ausländer.
Fjodor Dostojewski
Die Dämonen
Fassunng / Regie
Die Besessenen 2012
The Visitors
Szenarium / Regie
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FINSTERNIS
Dostojewskis "Dämonen" sind Karika-
turen von Revolutionären, vom Autor
aus den dunkelsten Tiefen des Men-
schen entworfen; neben den Regis-
seuren und Akteuren dieses Dramas
[der Mordwelle Stalins1937/38]
sind sie bleiche Knaben; vor allem
neben den Regisseuren [Stalin und
seine Satrapen], denn die Akteure
sind im Grunde selber Opfer, die
von ganz einfachen Triebkräften
angetrieben werden...
Albtraum über Albtraum.
Die Wahheit hat ihre Grenzen,
die Lüge nicht... [Victor Serge]
Fjodor Dostojewski schrieb:
DIE DÄMONEN
1870 in Dresden
Bei der Sitzung eines „Fünferkomitees“ legt ein
Mitglied, Schigaliow, sein Buch vor, in dem er das
Bild der künftigen sozialistischen Gesellschaft
entwirft, ein Bild, gegen das, so sagt er, alle
Gedanken früherer Reformer nichts als törichte
Träume seien.Es gebe keinen andern Weg als
die Teilung des Volks in zwei Gruppen: ein Zehntel
erhalte die unbeschränkte Freiheit und damit die
absolute Macht, der Rest müsse entmündigt und
damit in den „ursprünglichen Zustand der
Lämmerunschuld zurückgeführt werden“.
Das Ideal der totalen Diktatur, die Vorwegnahme
des Faschismus und Stalinismus.In den
„Dämonen“zeigt Dostojewskij den Weg dor-
thin: die Verbreitung konfuser Nachrichten,
welche Hoffnungen und Ängste wecken; das
Einkreisen einzelner Personen, die man erpreßt,
indem man sie unversehens zu Komplizen obs-
kurer Geheimbünde macht; die gegenseitige Verdächtigung und Bespitzelung; das Kanali-
sieren der allgemeinen Unzufriedenheit in
politisch unklare, aber dunkel zielgerichtete
Bewegungen; das Unterwühlen aller Tradi-
tionen; die Ausrottung der Religion; die
Verknäuelung verschiedenartiger reforme-
rischer und revolutionärer Ideen, bis keiner
mehr versteht, worum es geht, und schließ-
lich der „starke Mann“ sich zum Retter aufwirft. Schigaliow sieht diese Entwicklung voraus.
Sie erscheint ihm unaufhaltsam und schrecklich,
um so schrecklicher, als er sie erkennt als die
logische Konsequenz seiner eigenen sozialististischen Theorie.
Er sieht seine große Idee, die Erneuerung
Rußlands, ad absurdum geführt. Er verzweifelt.
Alexander Herzen
Ein Familiendrama
Fassung / Regie
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Der gescheiterte Revolutionär
Es ist das Disparate seines Werks, das es modern macht; ungewöhnlich ist auch die Verknüpfung von Denken und Leben. Die Diskussionen und die Beschreibung von 1848 erinnern in vielem an 1968 und die hitzigen Diskussionen, die noch heute darüber geführt werden. Herzen bewahrte sich davor, in Sektierertum oder verachtende Ansichten zu verfallen, wie z. B. sein Freund Michail Bakunin oder auch manche der deutschen 48er, die für die "Befreiung" der Menschheit durch Blut gewatet wären.
Ein Familiendrama
Andere Teile von Erlebtes und Gedachtes haben romanhafte Züge, wie die Geschichte der Freundschaft zu Georg Herwegh. Die "eiserne Drossel", wie Heinrich Heine Herwegh spöttisch nannte, versuchte, Herzen die Frau auszuspannen. In diesem Familiendrama liegen die Nerven blank, man droht mit Selbstmord und fordert einander zum Duell. Trotzdem denkt man bei der Lektüre: Heute wäre es kaum anders! Wie bitter muss es für Herzen gewesen sein, dass diese Frau, die sich am Ende gegen Herwegh und für ihn entschied, kaum ein Jahr später starb.
Schade, dass Erlebtes und Gedachtes , wie alles andere von Herzen, auf Deutsch nur noch antiquarisch vorliegt. Die wunderbare dreibändige Ausgabe des Aufbau Verlags erschien nur ein einziges Mal, Anfang der sechziger Jahre. Zu verdanken haben wir sie übrigens einer "Ironie der Geschichte", wie Isaiah Berlin sagt, einer "beiläufig geäußerten anerkennenden Bemerkung Lenins", sodass Herzen sich im "allerheiligsten des sowjetischen Pantheons befindet, von einer Regierung dorthin gestellt, deren Genese er besser verstand und mehr fürchtete als Dostojewski und deren Worte und Taten eine fortgesetzte Beleidigung alles dessen sind, woran er glaubte und was er war."
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Francis Beaumont
John FletcheR
Der Ritter von der flammenden
Mörserkeule
Regie
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John Fletcher (* Dezember 1579 in Rye, Sussex, England; † August 1625) war ein englischer Dramatiker, der viele seiner Stücke in Zusammenarbeit mit Francis Beaumont schrieb.
Fletcher wurde im Dezember 1579 in Rye, Sussex,
England, geboren.
Seinen genauen Geburtstag kennt man nicht, aberseine
Taufe fand am 20. Dezember statt.Mit 11 Jahren besuchte
er das Corpus Christi College, in Cambridge.
Ob er dort auch einen Abschluss erhielt,
ist nicht bekannt. Neben William Shakespeare und
Ben Jonson war John Fletcher sicherlich der
bekannteste und vielseitigste Dramatiker seiner Zeit.
Er wurde der wesentliche Stückeschreiber
für die Theatertruppe King's Men, aber nicht,wie William Shakespeare, deren geschäftlicher Teilhaber. Seine
Begabung lag vor allem auf dem Gebiet der Tragikomödie und der Sittenkomödie, die während der Regierungszeit Karls I. in England sehr beliebt waren.Über sein Leben weiß man nur wenig. Zwischen 1609 und 1625 schrieb er vermutlich 42 Stücke, 21 davon in Zusammenarbeit mit Francis Beaumont,
Nathan Field, Shakespeare, und anderen.
Nur neun seiner Dramen wurden zu seinen
Lebzeiten gedruckt. Im Jahr 1611 schrieb
er das Stück Der gezähmte Zähmer, eine Parodie auf Shakepeares Der Wider-spenstigen Zähmung,
das 20 Jahre zuvor entstanden war.
Im Alter von 46 Jahren starb John Fletcher im
August 1625;seine letzte Ruhestätte
fand er am 29. August in der St. Saviour's Kirche
in Southwark.
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Ljudmila Petruschewskaja
DREI MÄDCHEN IN BLAU [1988]
Regie
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Über Ljudmila Petruschewskajas Stücke:
Vielleicht sind ihre Theaterstücke so irritierend, weil in ihnen ein Nichts an Ereignissen so geschwätzig verhandelt wird: ein Sommer auf einer Datsche, Kinderkrankheiten, ein Flirt, ein undichtes Dach ("Drei Mädchen in Blau"), eine Ehe, kaum aus Liebe geschlossen.
Ihre Figuren reden aneinander vorbei, Schauspieler aus Not und animiert vom Alkohol, und reden nur für sich selber, um, einen Augenblick lang, zu vergessen: Oft ist ein Satz, in der Metro gehört, der Ausgangspunkt ihrer Geschichten und Stücke. „Drei Mädchen in Blau“ hat die Petruschewskaja geschrieben, nachdem sie im Moskauer Künstlertheater die illegale Vorstellung eines von ihr verehrten Stücks gesehen hatte, und über Jahre wurde auch ihr eigenes Stück dann illegal aufgeführt, von Schauspielern des Künstlertheaters, ein Glücksfall beinahe zu der Zeit, als sie nichts veröffentlichen konnte. Jetzt trauert sie der Anonymität von damals manchmal nach. Sie will die Leute belauschen können.
Es ist eine Gesellschaft ohne Väter, bis heute, von der die Petruschewskaja schreibt. Nur geht es ihr schon längst nicht mehr um das wirkliche Leben. Die Stücke der Petruschewskaja, das sind Grotesken, und in Frankreich wenigstens wurden sie mit denen von Achternbusch oder dem frühen Kroetz verglichen. Und auch wenn sie, so hartnäckig und intensiv wie kaum ein anderer Autor, über den russischen Alltag schreibt, ist sie doch alles andere als eine Sozialfürsorgerin am dahinsiechenden, umnachteten Mütterchen Rußland. Sie hat, entgegen allen Mißverständnissen, die Wirklichkeit längst hinter sich. Weil diese kaum erträgliche Wirklichkeit ihr viel zu harmlos erscheint.
Worüber sie schreibt, die real existierende Familienhölle, das sind am Ende Ausgeburten ihrer Phantasie, Monstren in einem wirklichen Nachtstück, von maßloser Liebe handelnd, also von komplettem Wahn, Müttern, die ihre Kinder zerfleischen mögen, Kindern, die von nichts wissen als vom Haß. Und dauerte, in ihren früheren Geschichten, das Glück einen Wodka lang oder einen Spaziergang über ein Feld im Gewitterregen. Die Poetik der Petruschewskaja ist eine Poetik der Grausamkeit, nicht eigentlich avantgardistisch, es gibt, wenn schon nicht Vorbilder, doch Vorläufer: Louis-Ferdinand Celines "Reise ans Ende der Nacht", wo die Verzweiflung an der Wirklichkeit sich wahnwitzige Phantasmagorien und Überzeichnungen schuf. Am Ende kehrt mit dem Werk der Petruschewskaja ein literarischer Existentialismus zurück, nicht philosophisch geschönt wie bei anderen osteuropäischen Autoren, Kundera oder Szczcypiorski, sondern roh, widerwärtig und abstoßend, der nackte Kampf ums Überleben. Am Ende ist auch das nur eine Fiktion.
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Fania Fénelon
ALMA, FANIA u.a.
Das Mädchenorchester
in Auschwitz
Fassung / Filmregie
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Fania Fénelon über Alma Róse, der
Dirigentin des Mädchenorchesters:
Sie wurde verhaftet in Holland,
ein paar Stunden vor ihrem Abflug nach
England. Sie war Jüdin. Sie war für den
Experimentierblock bestimmt, man
sollte an ihr medizinische Experimente
machen. Ein SS-Mann hat sie erkannt,
als Geigerin, sie war eine berühmte
Geigerin, und hat sie in den Musikblock
gebracht. Von dem Tag an haben
die Mädchen begonnen, wirklich
zu musizieren...
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Angel Wagenstein
DIE MAHNUNG
Filmregie:Juan Antonio Bardem
Akteur
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Er war Emigrant und Partisan, sass in
einer Todeszelle und studierte in Moskau,
arbeitete als Drehbuchautor und Regisseur
in Ost- wie in Westeuropa. Daneben hat
er Romane verfasst. Dennoch geniesst
der Bulgare Angel Wagenstein im Westen
nicht die Bekanntheit, die ihm gebührt.
«Meinen Vater habe ich im Gefängnis
kennengelernt»,erzählt der in eine Familie
Plowdiwer sephardischer Juden Hineingeborene.
«Er war ein alter Bolschewik – und das
bis ans Ende seines Lebens Anfang der
neunziger Jahre.»...
1989 brechen bewegte Zeiten an.
Wagensteins Wohnung in Sofia wird zum
Organisationsbüro für die grosse
Demonstration vom 18. November,
die das Ende des bulgarischen Staats-
sozialismus einleitet.
Voller Pathos und mit tiefer Überzeu-
gung spricht Angel Wagenstein vor einer
grossen Menschenmenge den Satz:
«Vom blutbefleckten Platz des himm-
lischen Friedens in Peking bis zum Platz
des niedergeschlagenen Prager Frühlings,
dem Wenzelsplatz, von der grossen
Chinesischen Mauer über die alten Mauern
des Kremls bis zur eingestürzten Mauer
der Schande in Berlin bahnt sich ein Befrei-
ungsprozess wie ein Eisbrecher seinen Weg
durch das zugefrorene Meer des Lügensozia-
lismus und schiebt Generalsekretäre und
Parteima-rionettengleichermassen beiseite.»
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Shloyme An-Ski
DER DIBBUK
Eine dramatische
jüdische Legende
Fassung / Regie
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Nicht im Vergessen, sondern im sich Erinnern
besteht das Geheimnis der
Erlösung.
In der jüdischen Folklore und dem jüdischen
Volksglauben heißt Dibbuk ein böser Geist,
der in einem lebenden Menschen fährt,
sich an seine Seele klammert …
durch seinen Mund spricht und eine von
ihm getrennte und fremde Person darstellt.
Ein Mysterienspiel von der kabbalistische
Vorstellung, daß die Seele eines Verstorbenen,haftet
ihr noch irdische Unvollkommenheit an, zu Ruhelosigkeit und ewiger Wanderschaft verurteilt ist und nun im Körper eines Lebenden als Dibbuk Läuterung und Ruhe sucht.
Der Talmudstudent Chanon und
die tugendhafte Lea sind einander
durch den Beschluß der Väter und durch mystische Liebe verbunden.
Doch aufgrund weltlicher Widrigkeiten,
die Hauptrolle spielt Geld, kommt es
nie zu einer Heirat. Chanon verstirbt
früh als Unerfüllter und Unvollkommener,
seine Seele irrt umher, um als Dibbuk
in den Körper Leas einzudringen.
Die seitdem Besessene verliert bei einer
Wunderheilung das Leben, doch ihre Seele
vereint sich so endlich mit dem ihr bestimmten
Chanon. Ein Stück, reich an dramatischen
Charakteren, tiefer Gläubigkeit und
legendärer Mystik.
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Friedrich Nietzsche
Friedrich Nietzsche
EIN VERSUCH DER ANNÄHERUNG
Buch / Filmregie
Fahrten zu Nietzsche
Filmszenarium
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Der Einsame
Verhaßt ist mir das Folgen und das Führen.
Gehorchen? Nein! Und aber nein - Regieren!
Wer sich nicht schrecklich ist, macht niemand
Schrecken:
Und nur wer Schrecken macht, kann andre
führen. Verhaßt ist mirs schon, selber
mich zu führen!
Ich liebe es, gleich Wald- und Meerestieren,
mich für ein gutes Weilchen zu verlieren,
in holder Irrnis grüblerisch zu hocken, von
ferne her mich endlich heimzulocken,mich
selber zu mir selber- zu verführen.
Der Wanderer und sein Schatten
Nicht mehr zurück? Und nicht hinan?
Auch für die Gemse keine Bahn?
So wart' ich hier und fasse fest,
was Aug' und Hand mich fassen
läßt! Fünf Fuß breit Erde, Morgen-
roth,unter unter mir - Welt,
Mensch und Tod!
Da horcht es rings
und athmet kaum
kein Vogel singt
da überläuft es
schaudernd, wie
ein Glitzern, das
Gebirg. Da denkt
es rings -und
schweigt -
Die Sonne schleicht zum
Berg und steigt und steigt
und ruht bei jedem Schritt.
Was ward die Welt so welk!
Auf müd gespannten Faden
spielt der Wind sein Lied.
Die Hoffnung floh -
er klagt mir nach.
Es geben Eisgebirg und Tann'
und Quell ihm Antwort auch,
doch sehen wir die Antwort nur.
Denn schneller springt vom Fels
herab der Sturzbach wie zum Gruß
und steht, als weiße Säule zitternd,
sehnsüchtig da.
Und zwischen Eis und todtem
Graugestein bricht plötzlich
Leuchten aus -solch Leuchten
sah ich schon: das deutet mir's –
Im deutschen November
Dies ist der Herbst: der bricht
dir noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!
Die Sonne schleicht zum Berg
Und steigt und steigt
und ruht bei jedem Schritt.
Was ward die Welt so welk!
Auf müd gespannten Fäden
spielt Der Wind sein Lied.
Die Hoffnung floh
Er klagt ihr nach.
Dies ist der Herbst: der
bricht dir noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort!
Oh Frucht des Baums,
Du zitterst, fällst?
Welch ein Geheimnis lehrte dich
Die Nacht,
Daß eis'ger Schauder deine Wange,
Die purpur-Wange deckt?
Du schweigst, antwortest nicht?
Wer redet noch?
Dies ist der Herbst: der bricht dir
noch das Herz.
Fliege fort! fliege fort!
"Ich bin nicht schön"
- so spricht die Sternenblume
"Doch Menschen lieb' ich
Und Menschen tröst' ich
sie sollen jetzt noch Blumen sehn,
nach mir sich bücken
ach! und mich brechen -
in ihrem Auge glänzet dann
Erinnerung auf,
Erinnerung an Schöneres als ich:
- ich seh's, ich seh's - und sterbe so".
Dies ist der Herbst: der bricht dir
noch das Herz!
Fliege fort! fliege fort!
Lied des Prinzen Vogelfrei
Diesen ungewissen Seelen
Bin ich grimmig gram.
All ihr Ehren ist ein Quälen,
All ihr Lob ist Selbstverdruss und Scham.
Dass ich nicht an ihrem Stricke
Ziehe durch die Zeit,
Dafür grüsst mich ihrer Blicke
Giftig-süsser hoffnungsloser Neid.
Möchten sie mir herzhaft fluchen
Und die Nase drehn!
Dieser Augen hülflos Suchen
Soll bei mir auf ewig irre gehn.
Narr in Verzweiflung
Ach! Was ich schrieb auf Tisch
und Wand
Mit Narrenherz und Narrenhand,
Das sollte Tisch und Wand
mir zieren?...
Doch ihr sagt:
"Narrenhände schmieren,
Und Tisch und Wand soll man
purgieren, Bis auch die letzte
Spur verschwand!"
Erlaubt! Ich lege Hand mit an –,
Ich lernte Schwamm und Besen
führen, Als Kritiker,
als Wassermann.
Doch, wenn die Arbeit abgethan,
Säh’ gern ich euch, ihrUeberweisen,
Mit Weisheit Tisch und
Wand besch……
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Simon Wiesenthal
Buch / Filmregie
1990
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Auf seiner Suche nach „Gerechtigkeit für
Millionen unschuldig Ermordeter“ wird er
für viele entweder zu einem unbeirrbaren
oder aber unbequemen Zeitzeugen.
In Erfüllung seiner selbst auferlegten Pflicht,
als Überlebender des Holocaust vor dem
Vergessen der Shoa zu warnen, die nicht
mit Massenmord und Gaskammern
begonnen hat, sondern mit der Demontage
von Demokratie und Menschenrechten,
hält er Vorträge in aller Welt. Auch als Autor
zahlreicher,in mehrere Sprachen übersetzter
Bücher hinterlässt er ein Vermächtnis für
nachfolgende Generationen.
Während dieser langjährigen Tätigkeit sind
Simon Wiesenthal und seine Familie immer
wieder antisemitischen Anfeindungen
ausgesetzt,
1963 richtet sich ein Drohanruf gegen das
Leben seiner Tochter.
Nach einem Sprengstoffanschlag,
den ein Täter aus der rechtsextremen
Szene auf Wiesenthals Wohnhaus in
Wien-Döbling 1982 verübt, werden sowohl
sein Privathaus als auch sein Büro von
Sicherheitsleuten bewacht.
Nachdem er bis ins hohe Alter täglich
seiner Lebensaufgabe nachgegangen ist,
zieht sich Simon Wiesenthal nach dem Tod
seiner Ehefrau Cyla im November 2003
immer mehr zurück.
Am 20. September 2005 stirbt er in Wien
und wird in Herzlija/Israel beigesetzt.
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Adam Mickiewicz
AHNENFEIER
Fassung / Regie
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Adam Mickiewicz
Jedes polnische Schulkind kennt einige Verse aus seinem letzten, großen Nationalepos "Pan Tadeusz" auswendig. Und als der legendäre Regisseur Andrzej Wajda das Werk 1999 verfilmte, zog es Millionen in die Kinos.
Was Goethe für die Deutschen
und Shakespeare für die Briten, das ist Adam Mickiewicz für die Polen. Eine kulturelle Ikone, ein geistiger Führer, aber auch ein Mann der Politik, ein Mann der Tat. 1798 nahe der einst
litauisch-polnischen Stadt Nowogródek als Sohn eines Advokaten geboren, stand sein literarisches Schaffen zeitlebens im Dienst des Freiheitskampfes. Denn sein Vaterland, die polnisch-litauische
Adelsrepublik, war tot, von der Landkarte gelöscht durch die drei Teilungsmächte Russland, Österreich und Preußen. Bereits mit 22 Jahren preist er in der "Ode an die Jugend" Bruderliebe und
Freiheit:
Der Weg durch Gewalt und Schwächen mache uns nicht verzagen: Wir werden die Schwächen brechen und lernen, Gewalt durch Gewalt zu zerschlagen!
Wegen Mitgliedschaft in einem studentischen Geheimbund wurde Mickiewicz 1823 in Wilna verhaftet und sechs Monate in einem Kloster festgesetzt. Der Aufenthalt in Litauen wurde ihm verboten, er musste
eine Lehrerstelle in Russland antreten. Nach fünf Jahren im Osten zog es ihn zu einer fast zweijährigen Reise nach Westen - von Berlin, über Venedig, Florenz, Neapel schließlich nach Rom, wo ihn Ende
1830 die Nachricht vom Aufstand in Warschau gegen die russische Obrigkeit erreichte. Es zog ihn zurück, aber offensichtlich nur halbherzig. Denn er blieb im preußisch besetzten Polen hängen, ohne die
Grenze zum russischen Aufstandsgebiet zu überschreiten. So hat Adam Mickiewicz, der große polnische Nationaldichter, die polnische Hauptstadt Warschau nie gesehen. Er wählte die Existenz eines
Emigranten in Paris - allerdings nicht als Fahnenflüchtiger, sondern als Prophet und Bannerträger.
Denn wer in seinem Vaterland bleibt und die Sklaverei duldet, um sein Leben zu bewahren, der verliert das Vaterland. Und wer das Vaterland verlässt, um die
Freiheit mit Bloßstellung seines Lebens zu verteidigen, der rettet sein Vaterland und wird auf ewig leben.
Seine wichtigsten Werke entstanden so im Exil: der dritte Teil der Ahnenfeier und die Bücher des polnischen Volkes und der polnischen Pilgerschaft - eine Art Mysterienspiel das eine, eine politische
Streitschrift das andere. Hier finden sich jene Darlegungen vom polnischen Messianismus, die maßgeblichen Einfluss auf das polnische Selbstverständnis gewannen.
Gott Vater, der du ausgeführt hast dein Volk aus der Ägyptischen Sklaverei und es zurückgeführt hast in das heilige Land. Führe uns zurück in unser Vaterland.
Sohn, Erlöser, welcher du gemartert, gekreuzigt und wieder auferstanden bist und regierst in Herrlichkeit. Erwecke vom Tod unser Vaterland. Mutter Gottes, die unser Vaterland die Königin von Polen
und Litauen nennt, erlöse das Polenland und Litauen.
Die Polen, so Mickiewicz, seien ein auserwähltes Volk. Wie einst Gottes Sohn seien nun sie berufen, durch ihr Leiden das abtrünnige Abendland auf den Pfad der Freiheit zurückzuführen und die
Menschheit von der Sklaverei zu befreien.
Und GOTT gab den polnischen Königen und Rittern Freiheit, auf dass alle Brüder hießen, die Reichsten wie die Ärmsten. Und es war nie zuvor solche Freiheit.
Aber künftig wird es sie geben. Und endlich sprach Polen: Wer auch immer zu mir kommt, der wird frei und gleich sein, denn ich bin die FREIHEIT.
Mit Pan Tadeusz, einem komisch-heroischen Epos über das Land seiner Kindheit, kehrte Mickiewicz 1834 noch einmal zu idyllischen, volkstümlichen Motiven seiner frühen Dichtung zurück. Dann verstummte
er. Stattdessen wählte der Dichter die Tat, organisierte 1848 in Italien eine Legion gegen die Habsburger Monarchie, die eine Teilungsmacht Polens, und eilte 1855 nach Konstantinopel, um eine Legion
gegen Russland aufzustellen, eine weitere Teilungsmacht Polens. In einem Militärlager erkrankte er jedoch an Cholera und starb am 26. November 1855 in den Armen eines Freundes. Adam Mickiewicz war
ein glühender polnischer Patriot, aber auch ein Kosmopolit, dessen Mutter einer jüdischen Familie entstammen soll, und ein überzeugter Europäer, der in seinen schließlich mystischen Vorstellungen von
einem in Freiheit vereinten Kontinent träumte.
1890 wurde sein Leichnam von Frankreich nach Krakau überführt und in der Königsgruft auf dem Wawel beigesetzt.
von Helga Hirsch
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Slawomir Mrozek
EMIGRANTEN
Regie / Akteur
UNSERE KLEINE
STABILISIERUNG
Regie
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EMIGRANTEN
AA, der Intellektuelle, und XX, der Gastarbeiter, teilen sich einen Kellerraum als Unterkunft und gehen sich nach Kräften auf die Nerven. Zwar sind sie beide Emigranten desselben Landes, doch sind
die Verbindungen zwischen dem politischen Flüchtling und dem sich für materiellen Wohlstand abschuftenden bäuerlichen Gastarbeiter nur allzu brüchig. Am Silvesterabend kommt es zum Showdown. Slawomir
Mrozek, einer der wichtigsten Dramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, hat als Satiriker und Moralist mit seinen grimmigen und virtuos zu spielenden Grotesken der Welt den Spiegel
vorgehalten.
Jorge Semprún
BLEICHE MUTTER,
ZARTE SCHWESTER
Regie
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Ein Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald kehrt in die Gegend des Ettersbergs bei Weimar zurück und stellt sich den Geistern der Vergangenheit. Deportierte und Totengräber tauchen auf, Goethe und Blum, Corona Schröter als Goethes Iphigenie und Carola Neher. Ein bildgewaltiges Spiel von Tod und Vergänglichkeit beginnt.
Während im Nazideutschland Juden und linke Intellektuelle interniert und vernichtet werden, erinnern sich deutsche Künstler im sowjetischen Exil an ihre Heimat. An deutsche Empfindsamkeit und Zartheit, Sprache und Poesie, Menschlichkeit und Kultur. Noch einmal spielt Carola Neher die Iphigenie, ehe sie von Stalins Schergen verschleppt wird und in einem sibirischen Lager umkommt. Vor dem geistigen Auge des Überlebenden wird die Geschichte des 20. Jahrhunderts zur Geschichte der als ›Säuberungen‹ titulierten Massenmorde. Der jüngste Totengräber kommt aus Bosnien: Die Kette der Vernichtungslager endet auch heute nicht.
Was dennoch bleibt, ist der Menschheits- und Theatertraum von Zartheit, Poesie, Schönheit und Menschlichkeit. Der Auftrag an nachkommende Generationen, sich an all dies zu erinnern und es zu bewahren.
Aischylos / Carl Orff
PROMETHEUS IM KAUKASUS
Fassung / Regie und Film
2014 in Nazran/ Inguschetien
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PROMETHEUS
An den Kaukasus gefesselt.
Erster Monolog
O leuchtender Äther und schnellflügelige Lüfte, der Flüsse Quellen und der Meereswellen unzähliges Lächeln, und Allmutter Erde, und den allsehenden Kreis der Sonne rufe ich an:
Seht her, was ich von Göttern leide,
Ein Gott!
Blickt an, durch welche Mißhandlungen
zerschunden, eine Zeit von Jahrtausenden
ich mich abkämpfen soll!
Der neue Herrscher der Seligen hat
gegen mich erfunden solche Fessel voll Schmach. Weh, weh! Über das gegen-wärtige und das kommende Leid
stöhne ich; wie soll jemals
mir ein Ende dieser Qualen
erscheinen?
Jedoch was sag ich? Alles weiß ich ja
genau vorher, das Künftige, und uner-
wartet wird kein Leid mir kommen.
Aber das verhängte Teil
muß möglichst leicht ertragen, wer erkennt,daß die Kraft der Notwendigkeit unbestreitbar ist.
Doch weder schweigen nocht nicht schweigen kann ich über diese Umstände: Weil ich Sterblichen Rechte gab, bin
ich in diese Zwänge eingejocht,
ich Dulder!
Eingefüllt im Narthexstiel, erjag die
Feuerquelle ich mir verstohlen, die als
Lehrer aller Technik den Sterblichen
erschienen ist und als ein großer
Ausweg/.Derart ist das Vergehen,
für das ich Buße zahle,mit Fesseln
unter freiem Äther festgekeilt.
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Euripides
DIE TROERINNEN
[Film: CASSANDRA IN BERLIN]
Buch / Regie
SYBINS ARCHIV
Drehbuch 2013
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Um das Schicksal der Trojanerinnen nach dem verlorenen Trojanischen Krieg, der ihnen und ihren Familien Schrecken, Gefangenschaft und eine ungewisse
Zukunft gebracht hat.
Euripides (etwa *480 v. Chr. bis °407 v. Chr.) lässt in dem um 415 v. Chr. erstaufgeführten Stück eine Reihe prominenter Gestalten der griechischen Mythologie auftreten. Poseidon
zum Beispiel, Athene, Hekabe, Menelaos,
Helena, Kassandra und andere. Poseidon
und Athene verkünden, dass sie sich
zu gegebener Zeit an den Siegern über
Troja rächen werden.
Hekabe, die Gattin des trojanischen Königs Priamos, wird von den griechischen Besatzern Odysseus zugewiesen. Kassandra,ihre Tochter, die sich zukünftig Agamemnon widmen soll, enthüllt
mit ihrer seherischen Gabe den Mord
Klytaimnestras anAgamemnon sowie die Irrfahrten, mit denen Odysseus sich bald auseinandersetzen muss. Andromache, der Ehefrau des Trojaners Hektor, wird der kleine Sohn genommen und getötet.
Menelaos tritt auf und verlangt Helena zurück. Er beabsichtigt, seine Exfrau – die er als ausgemachte Verursacherin des Krieges sieht – in Griechenland vor Gericht zu bringen.
Nach einer
ergreifenden Wehklage Hekabes, erscheint
Talthybios, seines Zeichens Kurier des Agamemnon, und erklärt, dass Troja in Schutt und Asche zu legen ist. „Die Troerinnen“ ergeben sich der
Gewalt der griechischen Bezwinger Trojas...
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Swetlana Alexijewitsch
TSCHERNOBYL
EINE CHRONIK
DER ZUKUNFT
Fassung /Regie
Zinkjungen
Theaterfassung
SECONDHANDZEIT
November 2017 - Lesungen in Berlin
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TSCHERNOBYL
Eine Chronik der Zukunft
Statt eines Epilogs:
"Ein Kiewer Reisebüro bietet
Touristenreisen nach Tschernobyl an...
Die Route beginnt mit der toten Stadt Pripjat:
Die Touristen besichtigen verlas-sene mehrstöckige
Häuser mit Kinderwagen und schwarz gewordener
Wäsche auf den Balkons. Das ehemalige Milizrevier,
das Krankenhaus und das Stadtkomitee der KPdSU.
Hier hängen noch die Losungen aus kommunistischer
Zeit - ihnen kann die Strahlung nichts anhaben...
Am Ende der Reise gibt es für die Freunde des
Extremtourismus ein Picknick mit ökologisch
reinen Lebensmitteln und Rotwein...
Und russischen Wodka
... Man versichert Ihnen, die Strahlendosis, die Sie an
diesem einen Tag abbekommen, sei geringer als die bei einer Röntgen-untersuchung. Allerdings rät man Ihnen,
nicht zu baden, keinen Fisch und kein Wild zu essen.
Keine Beeren und Pilze zu sammeln und am Feuer
zu rösten. Keine Feldblumen für die Frauen zu pflücken.
Sie meinen, das seien wirre Phantasien?
Sie irren, der Atomtourismus ist sehr
begehrt, besonders bei westlichen Touristen.
Die Menschen gieren nach immer neuen starken
Eindrücken. Von denen es auf der
Welt immer weniger gibt, denn sie ist bereits weitgehend erschlossen und besiedelt.
Das Leben wird langweilig.
Aber man möchte doch etwas Ewiges...
Besuchen sie das atomare Mekka...
Zu gemäßigten Preisen...!"
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Kenzaburo Oe
HIROSHIMA NOTIZEN
Fassung / Regie
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Kenzaburo Oe:
Ich spiele mit der Idee, die zeitgenössische Geschichte Japans zusammenzufassen und mich dabei auf
drei Gruppen zu beziehen: die Toten der Bombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki, die Strahlungsopfer des Bikiniatolls – wobei der eben erwähnte Fischer einer der wenigen Überlebenden ist – und,
drittens, die Opfer der gegenwärtigen Explosionen in unseren Atomkraftwerken.
Wenn man die Geschichte Japans im Hinblick auf diese drei katastrophalen Ereignisse betrachtet, wird der Zusammenhang klar. Heute müssen wir feststellen, dass die potenzielle Gefahr der
Atomkraftwerke zur traurigen, tatsächlichen Realität geworden ist. Wie auch immer dieses Unglück ausgehen wird, und mit allem Respekt vor all dem menschlichen Leid, hieran gibt es keinen Zweifel: Die
Geschichte Japans ist in eine neue Ära eingetreten, und die Blicke unserer Opfer sind auf uns gerichtet. Aus dieser Situation können wir nur die Konsequenzen ziehen, dass sich eine solche Situation
nie mehr wiederholen darf…
Die Japaner, die ja das atomare Feuer am eigenen Leib erlebt haben, dürfen Atomenergie nicht als eine Quelle industrieller Produktivität verstehen. Wie große Erdbeben oder Tsunamis und andere
Naturkatastrophen sollte Hiroshima tief im Gedächtnis der Menschheit verankert bleiben. Unbesonnenheit im Umgang mit Atomkraft ist für mich größter Verrat an den Opfern Hiroshimas…
Die Zwiespältigkeit Japans wird durch die Aktualität bestätigt. Dieses Japan, so zwiespältig in den
Werten, die es vertritt, ist im Augenblick völlig blockiert, in einer Sackgasse. Das Gegenteil von Zwiespältigkeit ist Klarheit. Als ich 1994 [in seiner Nobelpreisrede] von einem zwiespältigen Japan
gesprochen habe, war mein Land noch in einer Zeit der Gnade, einer Zeit, die stillstand, was ihm dazu verhalf, frei zu seinen Wahlen und Orientierungen stehen zu können. Anders ausgedrückt, es konnte
es sich leisten, vage zu bleiben…
Wie meinen Sie das?
Japan stand weder zu seiner Geschichte noch zu seiner Verantwortung in der modernen Welt. Die Japaner glaubten, sich diesen Mangel an politischer Klarheit leisten zu können und zeigten die gleiche
Verhaltensweise in der Wirtschaft, indem sie sich für ein Entwicklungsmodell entschieden, von dem sie nicht so genau wussten, wohin es sie führen würde. Die Konsequenz war die Finanzblase am Anfang
der 90er Jahre...
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Juri Trifonow
DAS HAUS AN DER MOSKWA
Theaterfassung
DAS VERSCHWINDEN
Theaterfassung
UNGEDULD/ NETSCHAJEW
Theaterfassung / Regie
in Nazran Inguschetien
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„In diesem Haus habe ich einmal gewohnt. Nein, dieses Haus ist längst gestorben und verschwunden, ich habe in einem anderen gewohnt, aber in diesen gewaltigen dunkelgrauen Betonmauern, die wie eine Festung sind. Das Haus überragte die zweigeschossigen Häuser, kleinen Villen, Kirchen, Glockentürme, alten Fabriken, Uferstraßen mit Granitbrüstung, und an beiden Seiten floss die Moskwa vorbei. Es stand auf einer Insel, war wie ein schwerfälliges, aberwitziges Schiff ohne Masten, Schornsteine und Steuerrad, ein riesiger Kasten, eine mit Menschen vollgestopfte Arche, bereit, davonzuschwimmen. Wohin? Niemand wusste das, niemand hatte eine Ahnung. Den Leuten, die auf der Straße an den Mauern vorbeigingen, in denen Hunderte von winzigen Zitadellenfenstern leuchteten, erschien das Haus unerschütterlich und ewig wie ein Feld: nach dreißig Jahren hat sich das Dunkelgrau der Mauern nicht verändert.“
[Juri Trifonow „Das Haus an der Moskwa"]
Siehe auch meine Website über Juri Trifonow, links oben
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Jonathan Littell
TSCHETSCHENIEN
JAHR III
Fassung / Regie
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Jonathan Littell, ein amerikanisch-französischer
Schriftsteller, wurde durch den Roman
"Die Wohlgesinnten" in Deutschland bekannt
Littell war 1996 und 1999 als Mitarbeiter einer Menschenrechtsorganisation in Tschetschnien
und kam im Frühjahr 2009 erneut nach Grosny.
Er schrieb die Reisereportage
"Tschetschnien, Jahr III".
Genauer gesagt,handelt der schmale Band von
Ramsan Kadyrow, der im Mai 2007 von Wladimir Putin zum tschetschenischen Präsidenten erhoben wurde.
Noch genauer: von der Hölle, die Kadyrow aus
Tschetschenien machte. Littell schrieb:
„Ich war auf der Suche nach den positiven Aspekten des tschetschenischen Regimes.
Die russische Regierung predigt sie
immer wieder“.
Während seiner Arbeit für
„Tschetschenien, Jahr III“ wurden die
tschetschenischen Menschenrechtlerinnen
Natalja Estemirova und SaremaSajdullajewa
sowie ihr Mann ermordet…
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Sofija Prokofjewa
GESPRÄCHE OHNE ZEUGEN
Fassung / Regie
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Er - das ist der Wissenschaftler.
Sie - das ist seine geschiedene Frau.
Er dringt nach vielen Jahren immer wieder in ihre Wohnung ein, er will die Aussprache.
Sie ist selbstbewusst geworden, sie hat
eine neue Beziehung.
Er weint, hat allen Sinn im Leben verloren.
Nach ihrem Theaterstück Ein Gespräch
ohne Zeugen schrieb Sofia Prokofjewa
zusammen mit Nikita Michalkow und Ramis
Fatalijew auch das Drehbuch zu diesem
psychologisch differenzierten und sehr gut
besetzten Kammerspiel mit Irina Kupchenko
und Michail Uljanow,das über das
Private hinaus den unheimlichen gesell-schaftlichen Rahmen der Sowjetära
skizziert und scharf kritisiert.
Meine Inszenierung entstand 2012/13.
Die Texte Sofija Prokofjewas sind aktuell
wie zu Breschnews Zeiten.
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Anatoli Pristawkin
Ich bitte um Hinrichtung
Theater - Fassung
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Anatoli Pristawkin, der sich seit 1992 für die Begnadigung von Strafgefangenen und die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt hatte, wurde 1931 geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Er hatte eine glückliche Kindheit, aber eine unruhige Jugend. Seine Eltern verlor er im Krieg. 1944 evakuierte man ihn in ein Kinderheim nach Tschetschenien wo er mit Kindern verschiedener Nationalitäten zusammen kam. Er erlebte, wie Tschetschenen auf Befehl Stalins in Waggons nach Sibirien deportiert wurden. Vor dem Bergvolk hatte er seitdem große Achtung. 1945 türmte der kleine Anatoli aus dem Heim und lebte von nun an auf der Straße. „Wir waren Kinder des Krieges“, erinnerte er sich, „wir haben alles verstanden und hatten vor nichts Angst.“ Später schlug er sich als Arbeiter in einer Konservenfabrik und Hilfsarbeiter auf einem Flughafen durch. Seine Erinnerungen an die Zeit im Kaukasus beschrieb er in seinem 1987 erschienen Buch „Schlief ein goldenes Wölkchen.“ Das Buch wurde in 30 Sprachen übersetzt und erreichte eine Gesamtauflage von 4,5 Millionen Exemplaren. Das Buch enthielt Wahrheiten über die Sowjetzeit, über die man früher nicht öffentlich sprach. Waleri Borschjow, der mit Pristawkin in der 1992 gebildeten Begnadigungskommission für Strafgefangene tätig war, erinnerte sich heute, die Erzählung sei wie eine „Explosion“ gewesen: „Es war ein Umdenken des Geschehenen.“ Es sei das Verdienst von Pristawkin gewesen, dass der russische Präsident Boris Jelzin1996 ein Moratorium über die Todesstrafe verhängte. „Man muss Mitleid haben“, erklärte Pristawkin in einem Interview, „weil dir selbst Menschen aus der Patsche geholfen haben.“
Diese Haltung erklärte der Schriftsteller mit der Schlüssel-Szene seines Lebens, die sich in Kriegszeiten vor einem Speisesaal in Tscheljabinsk ereignet hatte. Dort stand eine riesige Ansammlung von hungrigen Flüchtlingen, die auf Bitten des Erziehers die ebenso hungrigen Kinder beim Essen vorließen.
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Jurij Dombrowskij
Der Hüter der Altertümer
Die Fakultät der unnützen Dinge
Drehbuch / Regie
Der Filmtitel: SYBINS ARCHIV
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Im Mai 1978 überfielen auf Moskaus
Straßen gedungene Schläger den Schriftsteller
Jurij Dombrowskij und prügelten ihn so
unbarmherzig, daß er an den erlittenen
Verletzungen starb.
Der Grund: Dombrowskij
hatte den stalinistischen Terror zum literarischen Gegenstand gemacht,
und obendrein hatte er gerade den
einschlägigen Roman "Die Fakultät
der unnützen Dinge" im Pariser Emigrantenverlag YMCA-Press
erscheinen lassen.
Für ähnliche
Provokationen war vier Jahre zuvor
Solschenizyn aus dem Land getrieben
worden, doch hatte der Sowjetstaat
lernen müssen, daß ihm solche Aktionen
wenig Gewinn brachten.
Der Rausschmiß erregte weltweites
Aufsehen, das dem schreibenden
Staatsfeind zugute kam, dem sow-
jetischen Image aber nur häßliche
Flecken verschaffte. Also wurde der Fall
Dombrowskij intern erledigt, sozusagen
innerhalb der "Sowjetfamilie".
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Nikolai Gogol
Die Hochzeit
2000 / 2002
Theaterarbeit für das
Dramatische Theater
in Grozny
Tschetschenien
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Gogol war hässlich. Zeichnungen und Gemälde, die wir noch heute kennen, sind wohlmeinende Interpretationen seines Äußeren, wie die, die ihn kannten, wussten. Zeugnisse von Zeitgenossen sind nicht selten Dokumente des Hohns, der Bestür-zung über sein Äußeres. Ein Schulkamerad erinnerte sich an einen »schwächlichen, äußerst hässlichen Jungen«, der ständig rotzte und dem häufig die Augen tränten.
Als Gogol Jahre später in einem
Petersburger Theater vorsprach, wurde notiert: »Ein junger Mann von sehr wenig anziehendem Äußeren […]. Bestenfalls als Statist zu brauchen. « Gogol sollte zeit-weilig als Hauslehrer arbeiten, da haben pubertierende Jungs ihr Lachen unter-drücken müssen, als sie ihn sahen.
Gogol, erinnerte sich einer seiner Schüler, »hatte einen kleinen Wuchs, eine dünne, verkrümmte Nase, krumme Beine, ein putziges Haarbüschel auf dem auch sonst nicht gerade elegant frisierten Kopf, eine stoßweise Art zu sprechen, ständig unter-brochen von einem näselnden Laut und einem Zucken des Gesichts«.
Andere Zeugnisse erwähnen einen irgend-wie schiefen, hüpfenden Gang. Und immer ist es die Nase, diese übergroße Nase, die Aufsehen erregte und die in späteren, schriftstellerisch erfolgreichen Jahren
leichte Beutefür Karikaturisten war.
Schon sein Name reizte zum Spott. Gogol,
auf der ersten Silbe zu betonen, ukrainischer Herkunft, heißt ein Wasser-vogel:die Schellente.
»Wie eine Schellente daherkommen« meint
im Russischen so viel wie sich geckenhaft
kleiden und benehmen. Von einer Frau, die
Gogol ernsthaft begehrt hätte, ist nichts
bekannt. Die, mit denen er befreundet war,
begriffen seine entrückte Bigotterie, seine Selbstgeißelungsfantasien, zu denen er
zeitweise heftig neigte, als Krankheit,
als Vorarbeit zum Selbstmord, den er
schließlich 42-jährig durch Nahrungs-
verweigerung vollzog, sich dabei gern und
heftig bekreuzigend. Ärzte hatten ihm
zuvor allerlei Albernes verordnet und auch
handgreiflich durchgesetzt: heiße Bäder,
kaltes Abduschen, Blutegel, so wurde
behauptet, die man ihm, der sich nur noch
schwach wehrte, aus irgendeinem Grund
in die Nase setzte. Die Geschichte
der Heilkunst kennt ihre Irrtümer.
Gogols Briefe sind niederschmetternd.
Diese Grillen: dass seine Literatur moralisch
sein müsse und religiös, dass sie dem Ideal
des schönen Menschen entsprechen solle.
Sein schließlich zum Wahn gesteigertes
Schuldbewusstsein: »Streng wird der
Schriftsteller zur Rechenschaft gezogen
werden, wenn von seinen Werken nicht
irgendein Nutzen für die Seele ausgeht
und er den Menschen nichts zur Belehrung
hinterlässt.« Er müsse sich bestrafen für
sein monströses Werk, er spende sein Geld
von nun an armen Studenten, und in seiner
Literatur werde er nur noch »trostreiche
Erscheinungen« mit »tugendhaften Helden«
behandeln. Das schrieb er seinen Freunden,
die seine Gemütsverfassung für
bedenklich hielten.
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Jean-Paul Sartre
Die Fliegen
Textfassung / Leitung
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„Mit dem gewagten Résistance-Drama proklamierte Sartre
unbegriffen von der deutschen Zensur - den Widerstand
gegen die Besatzungsmacht und das Vichy-Regime.
In einem späteren Vorwort betont
der Autor, daß er der nach der militärischen
Niederlage verbreiteten nationalen »Selbst-
verleugnung« entgegenwirken und den
Franzosen ihre Erniedrigung
bewußt machen wollte.
Der in Les mouches entwickelte Freiheits-
begriffsteht in engem Zusammenhang mit
derExistenzphilosophie Sartres, wie sie etwa
gleichzeitig in dem philosophischen Hauptwerk
L´être et le néant entworfen wird.
[Des Königs und Jupiters] […] Macht basiert darauf,
daß die Menschen nicht wissen, daß sie
eigentlich frei sind.“ [Richard Mellein]
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EFIM ETKIND
UNBLUTIGE HINRICHTUNG
2020
Textfassung / Leitung
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Der sowjetische Autor Efim Etkind
wurde 1918 geboren.
Er diente im Krieg in der Roten Armee,
studierte danach Germanistik und Romanistik.
Ab 1952 lehrte er am Herzen-Institut
in Leningrad. Er übersetzte viel ins Russische
und gab zahlreiche Bücher und Anthologien heraus.
1974 wurde ihm nach Aberkennung des
Doktor-und Professorentitels gekündigt.
Etkind wurde in der UdSSR „ausgebürgert“
und lehrte seitdem an der Sorbonne, nach
der sogenannten „Wende“ auch in Potsdam.
Dort starb er 1999.
OLEH SENTSOV
LEBEN - 2019 / 2020
Textfassung / Leitung
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In »Leben« erzählt Oleh Sentsov von seiner Kindheit und Jugend. Die acht autobiografischen Geschichten zeigen, »wie er zu dem furchtlosen Menschen wurde, der er heute ist«. (Andrej Kurkow). Übersetzt wurden sie von Irina Bondas, Kati Brunner, Claudia Dathe, Christiane Körner, Alexander Kratochvil, Lydia Nagel, Olga Radetzkaja,
Jennie Seitz, Andreas Tretner und Thomas Weiler.
JOSSIF BRODSKY
IN MEMORIAM
FEDERICO GARCIA LORCA u.a.
Textfassung und Regie (2020)
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Jossif Brodsky wurde 1940 in Leningrad geboren und starb 1996 in New York . Er hatte seinen Vornamen nach Jossif Stalin erhalten. Er verließ die Schule in der neunten Klasse, im Alter von 15 Jahren, und nannte den vorzeitigen Schulabgang „seinen ersten freien Willensakt“. In der Folge arbeitete er unter anderem als Fräser, Labor- und Fabrikarbeiter, Krankenhausangestellter und Teilnehmer an geologischen Expeditionen, während deren er zwischen 1957 und 1960 große Teile der Sowjetunion kennenlernte. Im Selbststudium erlernte er Polnisch und Englisch und schrieb Ende der 1950er Jahre erste Gedichte. Daneben arbeitete er an Übersetzungen ausländischer Gedichte. Sowohl eigene Texte als auch Übersetzungen konnte er ab 1960 in einigen Zeitschriften veröffentlichen.
Im November 1963 erschien in einer Leningrader Zeitung ein Artikel, in dem Brodsky nicht nur Parasitentum vorgeworfen wurde, sondern auch behauptet wurde, er hätte die Entführung eines Flugzeugs geplant, um damit ins Ausland zu gelangen. In der Folge wurde er 1964 wegen „Parasitentums“ zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt, aber bereits nach 18 Monaten, die er in der Gegend von Archangelsk verbringen musste, entlassen.
Am 5. Juni 1972 bürgerten die Behörden Jossif Brodsky aus der Sowjetunion aus und setzten ihn, nachdem ihm zuvor alle Manuskripte abgenommen wurden, in ein Flugzeug nach Wien. Er kam „mit einem Koffer und 50 Dollar in der Tasche in Wien an“. Dort nahm sich der US-amerikanische Dichter W.H.Auden , der die Sommermonate in Kirchstetten verbrachte und „dessen Lyrik Brodsky bereits in Leningrad bewunderte“, seiner an. Für den 32-jährigen begann so „das neue Abenteuer“…
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ANDREJ TARKOWSKIJ
HOFFMANNIANA
2022 in Nazran
Inguschetien
"... Als der Kellner sich nach einer
Verbeugung entfernt, trinkt Hoffmann
seinen Punsch aus und tritt langsam
an den hohen Spiegel heran, der an
der Wand, zwischen den Fenstern steht.
Es geschieht, was er befürchtet hat:
Das kalte Glas bleibt leer. Er rückt den
Sessel heran, steigt hinauf und hebt
das Gesicht so dicht an die Spiegel-
fläche, daß das Glas vom Hauch seines
Atems beschlägt. Doch sein Bild
sieht er im Spiegel nicht..."
Mein "Club der toten Dichter"
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Die Fotos von Perikles,
Edgar Allan Poe,
Andrej Donatowitsch Sinjawski,
Jacques de Kerouac,
Joe Orton, Friedrich Hölderlin,
Jorge Semprun,
Juri Valentinowitsch Trifonow,
Michail Afanasjewitsch Bulgakow,
Lew Nikolajewitsch Tolstoi,
Marek Hlasko, Rainer Werner Fassbinder,
und Juri Ossipowitsch Dombrowski,
sowie die Fotos der Slawistin und
berühmten Übersetzerin der Werke
Fjodor Dostojewskis,
Swetlana Geier und ...Marilyn Monroes,
sowie Pier Paolo Pasolinis Foto
hängen schon lange als
CLUB DER TOTEN DICHTER
in meiner Wohnung.
In unseren Club
wurden später
SAUL BELLOW,
FRIEDRICH NIETZSCHE,
JOHANNES R. BECHER,
HALLDOR LAXNESS,
VICTOR SERGE,
CHRISTOPHER MARLOWE,
STEFAN ZWEIG,
ANTON WALBROOK,
WENEDIKT JEROFEJEW,
GAITO GASDANOW,
KLAUS SCHLESINGER,
HANS PAASCHE,
ALFRED DÖBLIN,
GEORGE GROSZ,
ERNST TOLLER,
ERWIN PISCATOR,
JUAN GOYTISOLO,
ÖDÖN VON HORVÀTH,
MENDELE MOICHER SFORIM,
HARRY GRAF KESSLER,
JAKOB WASSERMANN,
GEORG HEYM,
ANTON TSCHECHOW,
HEATH LEDGER,
ANATOLIJ MARTSCHENKO,
JOSEPH BRODSKY,
BERTOLT BRECHT,
CAROLA NEHER,
RENALDO ARENAS,
MICHAIL LERMONTOW,
KONRAD SWINARSKI,
WILHELM HAUFF,
RICHARD CRAGUN,
MANTAS KVEDARAVICIUS,
HERMAN BANG,
CESARE PAVESE
eingeladen.
Lassen Sie sich von ihnen anregen!